Steuergelder in „orte“ versenkt

■ Rüge vom Landesrechnungshof: Bremen verschleuderte 330.000 Mark Subventionen für 118 verkaufte Exemplare einer neuen Kulturzeitschrift

Die Zeitschrift „orte – Kunst für öffentliche Räume“ hinterließ daselbst nur dünne Spuren. In ganzen drei Ausgaben erschien 1992 die von der Stadt Bremen herausgegebene und in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Künste entwickelte Zeitschrift, welche die Bedeutung, die „Bremen für die Theorie und Praxis von –Kunst im öffentlichen Raum' seit den 70er Jahren in der Bundesrepublik besitzt, nach außen dokumentieren“ sollte.

Tiefe Spuren aber hinterließen die drei Ausgaben im städtischen Haushalt: „Den Gesamtausgaben in Höhe von 330.823,95 DM standen Erlöse in Höhe von insgesamt 6.403,50 DM gegenüber“, zieht der Jahresbericht des Rechnungshofes nüchtern Bilanz. „Entgegen den Prognosen über Einnahmen in Höhe von 68 TDM konnten aus den ersten drei Ausgaben durch den Verlag lediglich 79 Exemplare frei verkauft werden. Sie erbrachten einen Nettoerlös von insgesamt 1004,- DM. Weitere Erlöse wurden aus Abonnements in Höhe von 3.047,- DM und aus Anzeigen in Höhe von 1.734,50 DM erzielt. 1993 verkaufte die Behörde weitere 39 Exemplare mit einem Erlös von 618,- DM.“

Angesichts dieser Rechnung streckte das Bildungsressort, unter dessen Ägide damals das Projekt lief, die Flügel und stellte die Zeitschrift ein. Zu spät, moniert der Rechnungshof, nach dessen Prüfung das Debakel im Vorfeld hätte verhindert werden können. Die Marktchancen, so einer der Hauptvorwürfe, seien nicht im erforderlichen Maß geprüft worden: „Statt einer genauen Marktforschung wurden Zielgruppen beschrieben, die sich für die Zeitschrift interessieren könnten und daraus Verkaufsprognosen abgeleitet.“

Nicht genug, der Rechnungshof zieht, abgesehen von der katastrophalen Kalkulation, gleich den ganzen Sinn des Unternehmens „orte“ in Zweifel. Man hätte die Imagewerbung in schon bestehenden Zeitschriften plazieren können, zumal „orte“ offensichtlich ohne Bremenbezug auskam. Nicht einmal der vereinbarte Hinweis auf die Förderung durch die Stadt Bremen ist in den drei Ausgaben abgedruckt worden.

„Es hätten in der geschehenen Art und Weise keine Mittel zur Herausgabe der Zeitschrift ausgegeben werden dürfen“, würdigt der Rechnungshof abschließend und warnt das Kulturressort, das Projekt jemals wieder aufzunehmen. Dort aber erklärt man sich ohnehin für nicht zuständig: Das Projekt, beteuert Barbara Löhr, Pressesprecherin des Kulturressorts, sei ein Erbe jener Zeit, da die Kultur noch dem Bildungssenator unterstand. Von dort, und nur von dort seien Fördermittel geflossen, „wir hätten dafür gar kein Geld.“

Dora Hartmann