Schulterschluß gegen Bildungsklau

■ 15.000 Studis in Hannover gegen Bildungs- und Sozialabbau

Studierende, Verwaltungsangestellte und DozentInnen aus ganz Niedersachsen hatten dem Aufruf des AStA der TU Braunschweig Folge geleistet; bis auf zwei private Institute hatten sich sämtliche Hochschulen Niedersachsens dem Protest gegen den Sparkurs der niedersächsischen Landesregierung angeschlossen. Mit Pauken und Trompeten, Sambatrommeln und Trillerpfeifen waren die Studierenden in drei Demonstrationszügen durch die Leinemetropole gezogen und hatten sich mit der Protestversion von La Ola warmgehalten, bevor sich die Märsche am überquellenden Opernplatz vereinigten. Die Polizei verhinderte an der Grenze der Bannmeile den Zug zum Landtagsgebäude, ansonsten verlief die Demonstration ohne Zischenfälle.

„Mit dieser Sparpolitik können wir alle nicht leben“, erklärte Matthias, Mitorganisator und Sozialreferent des AStA der TU Braunschweig den seltenen Schulterschluß zwischenn Lehrenden, Administration und Studierenden, „obwohl klar ist, daß unsere Kritik an der Sparpolitik eine andere ist als die der Universitätspräsidien.“ Denen gehe es vor allem um das „Wie“ des Sparens, während sich die Studierendenschaft gegen die „Ökonomisierung des Studiums“ insgesamt wendet.

Besonders auf die Person Gerhard Schröders, weniger auf die Ministerin für Bildung und Kultur, Helga Schuchardt, konzentrierte sich der Protest. In Reden und auf Transparenten wurde der niedersächsische Ministerpräsident als Hauptverantwortlicher für die finanziellen Daumenschrauben der Hochschulen ausgemacht. „Erst haben wir den gewählt, und jetzt macht der so eine Politik!“ ereiferte sich ein Demonstrationsteilnehmer aus Göttingen.

Nicht nur Niedersachsens StudentInnenschaft präsentierte sich bei ihrer größten Demonstration seit dem Golfkrieg kreativ und kampfeslustig. Mit Ausfallempfehlungen für Seminare und Vorlesungen hatten die Uni-Oberen den Protestmarsch unterstützt, eine Vielzahl von DozentInnen marschierte mit. Auch beinahe alle Universitätspräsidenten des Landes hatten sich dem Protest in persona angeschlossen. Schon gestern hatte Osnabrücks Unipräsident Künzel die niedersächsische Sparpolitik in einer Presseerklärung scharf attackiert.

Inzwischen werden die Folgen der Wiederbesetzungssperre für freie Hochschulstellen immer spürbarer. Immer mehr Seminare, auch Pflichtveranstaltungen, müssen ersatzlos ausfallen. 131 Mio. DM will das Land Niedersachsen auf diesem Wege einsparen. Für StudentInnenvertretungen in ganz Niedersachsen ist das unannehmbar - so werde nicht nur der nötige Ausbau der Hochschulen verhindert, der Grundbestand der Hochschulen in Niedersachsen an sich sei gefährdet. „Für uns ist die Schmerzgrenze längst überschritten“, meint Matthias. „Das war von uns aus erst der Anfang.“

Wissenschaftsministerin Schuchardt warnte davor, „mit falschen Zahlen die Hochschullandschaft Niedersachsen kaputtzureden.“ Auch sei es unangemessen, bei den Einsparungen „Katastrophenszenarien“ zu entwerfen.

Lars Reppesgaard/dpa