„Vor zwei Wochen wurde ein Asylbewerber aus Bremen in den Iran abgeschoben. Wissen Sie, wie es ihm geht?“

■ Arsalan Ahadi-Bonap, aus Bremen abgeschoben, in den Händen der Mullahs - ein Fall für die Bremer FDP

Am 10.11.1994 wurde - zum ersten Mal seit der Machtergreifung der Mullahs - aus Bremen ein Asylbewerber in den Iran abgeschoben: Arsalan Ahadi-Bonap. Seine Familie hat mitgeteilt, sie habe ihn am Flughafen abholen wollen - er sei nicht durch die Sperre gekommen. Der Rat der iranischen Flüchtlinge in Bremen hat mitgeteilt, im Gefängnis der Revolutionsstaatsanwaltschaft habe ein Onkel des aus Bremen abgeschobenen Mann sprechen können. Er werde offenbar unter Druck gesetzt, Angaben über andere Asylbewerber in Bremen zu machen und eine Unterwerfungs-Erklärung unter das iranische Regime zu unterschreiben.

Die Familie von Bonap hatte vor Wochen davor gewarnt, daß der Mann sofort verhaftet würde, wenn er iranischen Boden beträte.

Am Montag teilte der Rat der iranischen Flüchtlinge mit, daß die Familie des Abgeschobenen erklärt habe, sie könne nicht mehr weiter telefonisch über Bonap berichten. Auslandsgespräche, so der Flüchtlingsrat, werden abgehört, offenbar werde die Familie jetzt unter Druck gesetzt. Seitdem herrscht vollkommenes Schweigen.

Die Sprecherin des Innensenators teilte der taz gestern nachmittag mit, die eingeschaltete Deutsche Bortschaft in Teheran habe erklärt, sie habe große Schwierigkeiten, Kontakt mit iranischen Behörde aufzunehmen und könne keinerlei Nachricht über den Verbleib von Bonap geben - zehn Tage nach erfolgter Abschiebung.

Vor diesem Hintergrund fragten wir am Rande der Bürgerschaftssitzung FDP-Politiker.

Herr Welke, vor zwei Wochen ist jemand aus Bremen in den Iran abgeschoben worden. Wissen sie, wie es ihm geht?

Welke, FDP-Fraktionsvorsitzender: Nein, ich habe gehört, daß der möglichweise verhaftet worden ist.

Was denken Sie, was man jetzt machen muß?

Nachprüfen, ob das so ist. Ich weiß nicht, ob der deutsche Botschafter schon tätig geworden ist.

Die Botschaft hat gesagt, sie bekommt keinen Kontakt zu den zuständigen iranischen Behörden.

Da wird man dann wohl auf diplomatischem Wege etwas schärfer vorstellig werden müssen.

Der zuständige Referent der Senatorin für Ausländerintegration hat wenige Tage vor der Abschliebung darauf hingewiesen, daß dem Mann eine Verhaftung droht. Bonap wurde dennoch abgeschoben. Hat da jemand einen Fehler gemacht?

Das kann ich nicht beurteilen.

Wenn dem Abgeschobenen wirklich etwas passiert an Leib und Leben - müßte das Konsequenzen haben in Bremen?

Dazu bin ich zu wenig im Fall drin. Gibt es da keine Vereinbarung zwischen den Ländern? Nach den Einzelheiten müssen Sie den innenpolitischen Sprecher der Fraktion fragen.

Axel Adamietz, vor zwei Wochen ist aus Bremen ein iranischer Asylbewerber abgeschoben worden.

Axel Adamietz, FDP-Innenpolitiker: Habe ich in der Zeitung gelesen...

Geht es ihm gut?

Nein. Es sind in der Innendeputation einige Sachverhalte erfragt worden. Ich muß aber auch sagen daß ich sehr vorsichtig geworden bin, Sachverhalte zu bewerten, nachdem dieser Fall mit dem Kirchenasyl passiert ist. Daraus wird deutlich, wie sehr wir auch instrumentalisiert werden.

Im Falle Iran ist die deutsche Außenpolitik umgeschwenkt...

Das kann man unter moralischen Gesichtspunkten als fragwürdig betrachten, diese diplomatischen Rücksichtnahmen sind ein heikles Thema. Etwas anderes ist die faktische Aufklärung: Es darf doch nicht jemand einfach verschwinden.

Darf ein liberaler Senator einen Menschen aus Bremen so einem Regime ausliefern?

Der liberale Innensenator ist in einer Zwickmühle. Er darf andereseits auch nicht ignorieren, daß das Gericht gesagt hat: diese Asylgründe, die geltend gemacht wurden, tragen nicht.

Was ist, wenn nächste Woche wieder ein Gericht bei einem Iraner keine Asylgründe gefunden hat? Wird dann wieder abgeschoben?

Das möchte ich pauschal so nicht beurteilen.

Wie lange erträgt die bremische Innenpolitik das Schweigen aus Teheran?

Ich bin davon ausgegangen, daß eine Nachprüfung stattfindet und stattfinden kann. Wenn die deutsche Botschaft wirklich sagt, sie ist nicht in der Lage, das Schicksal eines Abgeschobenen nachzuprüfen, dann kann nicht abgeschoben werden.

Magnus Buhlert, vor zwei Wochen ist ein Bremer in den Iran abgeschoben worden. Wissen Sie, wie es ihm geht?

Magnus Buhlert, FDP-Abgeordneter: Ich habe gehört, er sei verhaftet worden.

Ist Bremen weiter für sein Schicksal weiter verantwortlich?

Bremen handelt das ja verwaltungsmäßig ab. Es ist die Frage, wieweit die Berichte, die das Auswärtige Amt als Grundlage für Asyl-Entscheidungen anfertigt, nicht auch von anderen Interessen als der Menschenrechts-Situation in den Ländern geprägt sind. Da muß man an das Auswärtige Amt ...

...also an den FDP-Minister Kinkel...

... die Frage stellen, ob es nicht etwas gewissenhafter im Sinne verfolgter Menschen ihre Entscheidungen treffen können.

Wenn nächste Woche wieder ein Iraner in Abschiebehaft kommt - soll Bremen wieder abschieben?

Ich denke, vor dem Hintergrund dieses Verfahrens muß man sich das sehr gut überlegen, wieweit man den Lagebeurteilungen des Auswärtigen Amtes folgen kann.

Es gibt Leute, die haben das vor der Abschiebung gesagt.

Sicherlich. Aber wenn man das erlebt hat und sich das so erhärtet hat, dann hat man den Beweis, daß das, was vorher Vermutung war, auch eintritt. Leider hat es diesen Menschen betroffen.

Herr Senator Jäger, wir möchten Sie nach dem abgeschobenen Iraner fragen...

Jäger, Wirtschaftssenator: Dazu sag ich nichts. Fragen Sie van Nispen oder die Fraktion.“

K.W.