Heißer Stuhl ganz kalt

■ Kattenturm empfing Ausländersenatorin Helga Trüpel friedlich

Die Senatorin für Ausländerintegration auf dem „heißen Stuhl“ in Kattenturm? Da kamen am Dienstag abend manche, um endlich mal ihre Meinung zu sagen: Die LehrerInnen-Riege, die ihren Kummer über sinkende Unterstützung bei wachsenden Anforderungen loswerden wollte. Der Leiter des Bürgerhauses, um seine Einrichtung ins gute Licht zu stellen. Und die ewig Gestrige, die zwar „nichts gegen Ausländer“ hat – wohl aber „gegen diese Schwemme“. Die wenigen internationalen KattenturmerInnen in der 40-köpfigen Versammlung nahmen's erstaunlich ruhig, so als wären sie solche Ausfälle gewohnt. Aber sie konnten sich auch auf die humorvolle Moderation des „Buten und Binnen“- Redakteurs Andreas Hoetzel verlassen: der sorgte am Ende dafür, daß derartige Positionen gemeinsam verlacht wurden. Und das ist für Kattenturm schon beachtlich. Denn dort bietet das Zusammenleben der 16 Nationalitäten oft wenig Gelegenheit zum Schmunzeln.

Im Sommer war der Stadtteil in die Schlagzeilen geraten: Es war zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen libanesisch-kurdischen Jugendlichen und Parzellenbesitzern gekommen – und das hatte sich am Ende nur als die Spitze eines Eisbergs erwiesen. Was die Jugendlichen als harmlosen Mundraub dargestellten, nach Meinung der Parzellisten aber wie bedrohliche Tyrannei aussah, ließ Konflikte aufbrechen, die die Verantwortlichen in dieser Schärfe überraschten. Vor drei Monaten wurde deshalb ein „Runder Tisch“ einberufen – „und mittlerweile hat die Lage sich entspannt“, verkündete der zuständige Vertreter im Beirat, Herbert Gerlach. Seit den Vorfällen gibt es in den Wohnanlagen gewählte VertreterInnen der BewohnerInnen, die als Ansprechpartner und Vermittler fungieren.

Wer bei der Veranstaltung am Dienstag abend war, bekam den Eindruck, daß Vermittlung und Ansprache im ohnehin benachteiligten Stadtteil dringend bleiben: Am Schweigen vieler AusländerInnen, und auch an der Zurückhaltung des jungen libanesischen Kurden Fatulah auf dem Podium wurde deutlich, wie existentiell die Forderung nach gezielter Sprachförderung ist – und wie unüblich noch der Dialog als Weg. Wer erwartet hätte, daß in Kattenturm scharfe politische Forderungen an die Senatorin erhoben werden, sah sich getäuscht: Der Bedarf wurde freundlich angemeldet. Ob weniger Bürokratie für den Umgang mit Minderheiten nicht angenehmer wäre, lautete der Vorschlag. Oder ob deutsche Broschüren über Familiengründung nicht auch in andere Sprachen übersetzt werden könnten. Kein Wort von doppelter Staatsbürgerschaft oder Wahlrecht. Und die „Fehlentscheidungen Klangbogen und Teerhofbrücke“ dienten vor allem den anwesenden LehrerInnen als Beispiel verunglückter Politik.

Da war es schon wieder dem Moderator zu verdanken, daß die Diskussion sich auf Kattenturm konzentrierte – wenn es auch sein Einwand war, der plötzlich die BürgerInnen auf den heißen Stuhl plazierte: „Denken Sie auch darüber nach, wie Sie an Geld ohne Politik kommen?“ fragte er. Aber dann flog der Ball doch wieder zur Senatorin zurück: „Eine Hand alleine kann nicht klatschen. Das ist ein palästinensisches Sprichwort.“ Aber auch dieser Ball war weich geworfen – als hätte man schon erwartet, daß die Senatorin das Sankt-Nimmerleins-Argument zurückgibt: „Kattenturm ist nicht der einzige Stadtteil, wo etwas getan werden muß“.

Eva Rhode