“Die Politiker hören mir gut zu“

■ 100 Tage im Amt: die parteilose Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe

“Die Frauen haben uns geradezu die Tür eingerannt“, strahlte gestern nachmittag die neue Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe. Der Tag der Offenen Tür gestern war als Geste gedacht: Frauen, nehmt euch die „Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF)“, sie ist keine geschlossene Behörde, sondern eure Einrichtung, schließlich gehört die ZGF seit dem 1.9. nicht mehr zum Arbeits- und Frauenressort, sondern ist politisch ganz unabhängig. Diese Geste scheint verstanden worden zu sein.

Der Preis für die neue Selbständigkeit: Die Frauenbeauftragte mußte 2,5 Fachstellen an das Ressort für Frauen und Arbeit abgeben, das sich zum Beispiel mit Frauenpolitik auf Bundesebene beschäftigt. Die Frauenbeauftragte behielt 3,5 Fachstellen. Wenige Stellen für viel Arbeit. Einige Themenfelder hat sich Ulrike Hauffe deshalb schon von der Backe gestrichen: Stadtplanung, alte Frauen und Ausländerinnen – „das ist bitter“, sagt sie. Neben der sehr zeitaufwendigen Beratung einzelner Frauen kann sie nur wenige Schwerpunkte setzen. Zum Beispiel die frauenpolitische Diskussion in der Stadt wieder anzufachen.

Seit Amtsantritt hat die Frauenbeauftragte unzählige Frauenprojekte besucht. Ihre Erkenntnis: Dort hat eine starke Entpolitisieruhng stattgefunden. Verständlich, denn je professioneller Projekte würden, um so mehr würden sie konkrete Einzelarbeit machen, politisch weniger in Erscheinung treten. Beispiel Frauengesundheitsprojekte wie Gesundheitszentrum, Notruf oder Therapiezentrum. „Die machen alle gute Arbeit, aber hier werden keine Frauengesundheitsfragen, die ja vor allem Machtfragen sind, mehr provoziert.“ Die ZGF will ein Forum Frauengesundheit initiieren, auf dem den Erkenntnissen der Projekte eine politische Dimension gegeben werden kann. Demnächst bereits soll es eine Fachtagung zum Thema „Normierung von Frauenleben durch die Schwangerenvorsorge“ geben. Mögliche Konsequenz: Die Vorsorge der Ärzteschaft ganz wegnehmen, sagt Ulrike Hauffe keck.

Ins Gespräch bringen will die Frauenbeauftragte auch die Frauenforschung: Ein Forum Frauenforschung soll her, wo Forscherinnen ihre Ergebnisse vorstellen können und man sich gemeinsam die Umsetzung überlegt.

Für die Mädchenarbeit existieren zwar bereits konkrete Vorstelungen zum Beispiel über die Quotierung der Stellen in Jugendfreizeiteinrichtungen. Das fordert der Mädchenförderplan, umgesetzt ist er aber noch nicht. Die Frauenbeauftragte will gemeinsam mit den Mädchen, ihren Eltern und LehrerInnen für jeden Stadtteil spezifische Angebote entwickeln. Da wird dann auch mal ein Bürgerhaus umdenken und seine Schwerpunkte verschieben müssen. Für den 8. März ist in Bremen Nord ein Mädchenparlament geplant.

Verbindung zwischen Projekten und Politik, zwischen Forschung und Praxis, zwischen Mädchen und Instituionen – neben diesen Schwerpunkten will sich Ulrike Hauffe besonders der Existenzgründerinnen annehmen. Für Januar ist eine Tagung geplant, außerdem eine Broschüre voller Tips. Sicher, da gibt es Vorarbeiten und Programme samt Geldern bei der Arbeitssenatorin, doch die weitere Existenz ist für Existenzgründerinnen oft sehr schwer. Das Frauen-Computer-Zentrum zum Beispiel mache hochwertige Arbeit, habe aber goße Vermarktungsprobleme. In einem Frauenwirtschaftsrat sollen Betriebsgründerinnen sich gegenseitig unterstützen.

In den ersten 100 Tagen hat Ulrike Hauffe nicht nur Konzepte entwickelt, sondern auch schon in der Staatsrätekonferenz, der entscheidenden Sitzung vor der Senatssitzung, einiges durchgesetzt, wenn auch manchmal „nur Kleinigkeiten“: daß im neuen Schulgesetz die volle Halbtagsschule abgesichert ist, oder daß im geänderten Beamtenrecht das Höchstalter für die Verbeamtung nicht 38 Jahre sind, sondern 40 Jahre „plus Kindererziehungszeit“. Erste Erfahrung mit den Politikern: „Weil ich parteiunabhängig bin, wissen die nicht, wie sie mich einordnen sollen, deshalb hören sie mir relativ gut zu. Das nutze ich natürlich.“ cis

ZGF, Knochenhauerstraße 20-25, Tel: 3613133