Feindbild Clinton

■ Rush Limbaugh, der erzkonservative und meistgehörte Radiomoderator der USA, genießt die Wahlniederlage der Demokraten. Bei uns ist er auch zu hören: auf AFN

Die Wahl ist vorbei, und Rush Limbaugh freut sich. Er hat doch alles vorausgesagt – den Sieg der Republikaner, die „Wende“ in der amerikanischen Politik und Gesellschaft. Jetzt wird die liberal press noch heftiger als bisher gegen ihn und seine konservativen Mitstreiter hetzen. Er dagegen kann sich jetzt ganz gelassen zeigen. Seine Sendung beginnt nicht mehr, wie früher, mit einer an das iranische Geiseldrama erinnernden Zählung der Tage, die sich America schon in der „Geiselhaft“ des verhaßten Clinton befindet. Nach dem Erfolg von Operation Restore Democracy, der Wahl vom 8. November, ist dies nicht mehr nötig. Für ihn und seinesgleichen sieht die Zukunft, die andere in den Vereinigten Staaten beunruhigt, ziemlich rosig aus: Der Erfolg der Proposition 187 in Kalifornien, die illegalen Einwanderern die Gesundheitsversorgung verweigert, der zunehmende Druck, das kollektive Beten in den Schulen wieder zu erlauben, weisen doch in die richtige Richtung. Nicht umsonst nennt er sich truth detector, in Abwandlung des „Lügendetektors“, und ist Chef seines eigenen Limbaugh Institute for advanced conservative studies. Rush Limbaugh sendet aus dem Hauptquartier seines Excellence in Broadcasting Network in New York und ist der mit Abstand meistgehörte Radio- Talk-Show-Gastgeber, und das weltweit – in Deutschland beim amerikanischen Militärsender AFN zu hören.

Wie hat er es so weit gebracht? Was ist sein Erfolgsrezept? Limbaugh versteht es, durchdachte traditionelle Kritik der Konservativen mit dumpfen, volksverdummenden Parolen und Witzen zu kombinieren. So kann er den US- Senator Edward Kennedy mit guten Argumenten angreifen und im nächsten Moment den ärmlichen Witz verbreiten, Kennedys Reißverschluß sei auf „Halbmast“ gefallen sei, als die Vorwürfe gegen Clinton wegen sexueller Belästigung an die Öffentlichkeit kamen. Die Einschaltquoten fördert das offenbar.

Leider liefert so manches Mitglied der Regierung Limbaughs Wellenkrieg gute Munition – einschließlich des Präsidenten selbst. Zum Beispiel wenn er jetzt, nach der Wahl, andeutet, er sei nicht mehr unbedingt gegen eine Verfassungsänderung, die das Beten in öffentlichen Schulen erlaubt. Die Washington Post hat darauf mit einem empörten Leitartikel reagiert und Clintons Prinzipientreue in Frage gestellt. Ihr Wort in Limbaughs Ohr. Der predigt schon seit zwei Jahren, Clinton habe keine Prinzipien, er verspreche allen alles. Jetzt darf er sein Publikum wieder einmal fragen: „Haven't I been saying this the whole time?“

Solche Erfolgserlebnisse stärken Limbaugh. Er kann sich jetzt als fairer Talk-Show-Moderator darstellen und trotzdem weiter gegen Sozialhilfeempfänger, Umweltschützer und Befürworter einer multikulturellen Gesellschaft polemisieren.

Und wer ruft in seiner Sendung an? Allzu viele kommen ohnehin nicht zu Wort, denn Limbaugh redet gern und viel. Und diejenigen, die es geschafft haben, wurden vorher von einer Art telefonischem Torwächter überprüft. Unter denen, die durchkommen, sind die meisten „einfache Leute“, die Rushs Ansichten teilen und bestätigen. Wenn gelegentlich auch mal einem Häretiker Zugang zu Limbaugh gewährt wird, dann, um ihn anschließend fertigzumachen.

Manche Anrufer versuchen durchaus intelligent, Limbaugh Paroli zu bieten. Doch die meisten kommen eher aus dem Milieu des Anrufers, der vorschlug, die USA sollten doch „Carepakete mit Pistolen, Bohnen und Reis“ nach Kuba und Haiti schicken, damit die Völker dort ihre Freiheit aus eigener Kraft „selbst erlangen können“ – so, wie die Amerikaner es einst gegen die Briten gemacht hätten. Als Gegenleistung, so der Anrufer, sollten die USA ihnen einen „Monroe-Plan“ versprechen. Meinte er Monroe-Doktrin oder Marshallplan? Ist ja egal – Rush hat es so stehenlassen.

So wird es wohl weitergehen, auch wenn mit der Niederlage der Demokraten Limbaughs Popularität etwas nachlassen könnte. Doch als Unterhaltungskünstler, der Rush Limbaugh letztendlich ist, wird ihm sicher noch einiges einfallen, wie er das Publikum für die Werbeeinblendungen seiner zahlenden Kunden weiter in seinen Bann ziehen kann. In jedem Fall, so hat Limbaugh versprochen, will er „wachsam“ bleiben, solange Clinton im Amt ist, und „für das Volk“ auch aufpassen, daß die Republikaner ihre Wahlversprechen halten. Barry Rich