Unterm Strich

Viel war nicht rauszukriegen aus dem Herrn, neben dem wir nach einer hübsch kommunikativen und sogar lustigen Veranstaltung in der Berliner Volksbühne – der Populärkulturforscher und gelegentliche taz-Autor Georg Seeßlen hatte seine jüngste Recherche in Sachen Pop und Rechtsruck, „Tanz den Adolf Hitler“, vorgestellt – in der Kneipe des sinistren Liebknechthauses gegenüber zu einem späten Umtrunk zu sitzen kamen, und erst nach längerem Insistieren wurde er geständig, mit jenem Stefan Ripplinger identisch zu sein, der dem Feuilleton der Jungen Welt vorsteht und als solcher schon für so manche Lachnummer gesorgt hat. Um so überraschter mußten wir gestern aus eben diesem Organ zur Kenntnis nehmen, Ripplinger habe mit „Kleinkritikern einer Berliner Tageszeitung“ am Tisch gesessen, mit „Berufsjugendlichen“ gar, „die ihr Geld mit der Gegenkultur verdienen – mag sie tot sein, wie sie will“. Denn „an den Mythos von der umstürzlerischen Popkultur glauben heute nur noch Rechte“. Nach diesem tolldreisten Outing hub wiederum ein großes Gelächter an, doch nach Vernutzung des unmittelbaren Unterhaltungswerts fiel keinem zu Ripplingers bizarr umgeleiteter Libido mehr irgendwas ein. Er rocke in Frieden, der Mann – zumal die Junge Welt mit „Sex & Drugs & Rock 'n' Roll“ ja auch über einen unschlagbaren Jugendteil-Titel verfügt.

Wie Sie unserem heutigen Bericht auf Seite 2 entnehmen können, befindet sich Taslima Nasrin auf einer einwöchigen Vortragsreise in Frankreich. Dort trifft sie den ebenfalls aus seiner Heimat geflohenen nigerianischen Schriftsteller Wole Soyinka, was für diese Zeitung, die sich um beide stets strebend irgendwie bemüht, tatsächlich etwas von Weihnachten meets Ostern hat.

Nach zwei Monaten „in limbo“, wie der Amerikaner sagen würde, ist nun Zhang Yimous „Shanghai Triad“ endlich abgedreht und befindet sich in der Produktionsphase in den Schanghai-Studios, denen Zhang die Sache übergeben mußte, weil er unter einem Berufsverbot steht, das ihm die Arbeit mit ausländischen Produktionsfirmen untersagt. UGC, die französische Firma, die den Film ursprünglich unter Vertrag hatte, betreut nun nur noch den ausländischen Verleih. Der Film ist, wie berichtet, das Porträt einer Prostituierten aus den zwanziger Jahren, deren Geschichte durch die Augen eines kleinen Jungen gesehen wird, was das Ganze womöglich etwas verunschuldet. Dazu paßt, daß der Film im Chinesischen nun den Titel eines Kinderreims bekommt.

Der polnische Filmminister (!) Waldemar Dabrowski, hochverehrt von Wajda bis Kieslowski, hat wegen politischer Querelen sein Amt hingeworfen. Er hatte es über vier Jahre inne, eine Rekordzeit für polnische Minister. Sein Budget war quasi über Nacht von 15 auf 10 Millionen Mark gekürzt worden.