: USA kauft kasachisches Atommaterial
■ Mehr als eine halbe Tonne hochangereichertes Uran lagerte in einer Halle mit Vorhängeschloß / Geheimtransport mit Militärflugzeugen zu US-Basis nach monatelangen Verhandlungen
Washington (wps/taz) – „Projekt Saphir“ war der Deckname für die Geheimoperation, bei der US- amerikanische Atomtechniker und Militärs mehr als eine halbe Tonne hochangereichertes Uran aus Kasachstan zur Wiederaufbereitung in die Vereinigten Staaten brachten. Das Material stammt aus einer Atomanlage im kasachischen Ulba, mehr als 1.300 Kilometer nördöstlich der Hauptstadt Alma Ata.
Nach Informationen US-amerikanischer Regierungsvertreter sei das Uran, das für die Herstellung von 20 bis 25 Atombomben reichen würde, völlig unzureichend bewacht in einer Halle gelagert worden, die nur mit einem Vorhängeschloß versperrt war. Die USA hätten sich entschlossen, Kasachstan das Material abzukaufen um zu verhindern, daß es dem Iran, Irak oder einem anderen Staat in die Hände falle.
Den Berichten zufolge wurde das Uran aus Kasachstan in zwei Militärfrachtmaschinen vom Typ C-5 Anfang dieser Woche zur Luftwaffenbasis Dover im US- Bundesstaat Delaware geflogen. Es habe Zwischenstopps in mehreren Ländern gegeben, die nicht genannt wurden. Nach der Ankunft in Delaware wurde die Fracht per Lastwagen am Montag und Dienstag zum den Oak Ridge National Laboratory in Tennessee transportiert, wo sie zukünftig mit niedrigangereichertem Uran versetzt und zu Brennstäben für zivile Atomreaktoren verarbeitet werden soll. Das alles wird nach Angaben der US-amerikanischen Regierungsvertreter unter internationaler Aufsicht geschehen.
Das jetzt bekanntgewordene Geschäft kam nach monatelangen Verhandlungen zwischen kasachischen und US-amerikanischen Behörden zustande, bei denen auch die russische Regierung in Moskau konsultiert wurde. Wieviel die drei an der Aktion beteiligten US-Behörden – Außen-, Verteidigungs- und Engergieministerium – für das Material an das zentralasiatische Land zahlen, wurde nicht bekannt. Die zuständigen US-Minister Warren Christopher, William J. Perry und Hazel O'Leary sollten gestern mit weiteren Details an die Öffentlichkeit treten, hieß es.
Im Februar hatten kasachische Politiker sich an die US-Behörden gewandt und ihnen 600 Kilogramm des hochangereicherten Urans zum Verkauf angeboten. Im Oktober reiste ein 24köpfiges Team von Experten des Pentagon, Außen- und Energieministeriums nach Kasachstan, um die Vorbereitung des Materials zum Transport zu überwachen. Strikte Geheimhaltung wurde aus Sicherheitsgründen eingehalten. Die Beladung der Flugzeuge war kompliziert, weil ein Teil des Urans als reines Metall vorlag, ein anderer Teil in oxidierter Pulverform und ein weiterer bereits als Brennstoff für russische atombetriebene Kriegsschiffe verarbeitet worden war. li
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