Kampfansage an die Regierung Kohl

■ Regierungserklärung des Bundeskanzlers / Rudolf Scharping kündigt konstruktive, Joschka Fischer aggressive Oppositionspolitik an

Bonn (taz) – „Und ich stehe immer noch da als Bundeskanzler.“ Mit dem Hinweis, dass frühere Grabgesänge der Opposition auf sein Kabinett wirkungslos geblieben waren, wappnete sich Dauerkanzler Helmut Kohl gestern im Bundestag gegen kommende Attacken. Über die Stärke und den eingeschränkten Gestaltungsspielraum seiner Koalition freilich verlor Kohl in seiner Regierungserklärung kein Wort – das besorgte um so deutlicher die Opposition.

SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping nannte die Regierung eine „Koalition der Schwäche“, Bündnisgrünen-Sprecher Joschka Fischer sprach ihr jede Zukunftsfähigkeit ab, und PDS-Gruppenchef Gregor Gysi sagte gar ein Scheitern des Kanzlers voraus.

Die Kampfansage der Opposition gegen den seit zwölf Jahren amtierenden Kohl fiel sehr unterschiedlich aus: Scharping verwies auf die Stärke der SPD im Bundesrat und versprach entschiedene, aber konstruktive Oppositionspolitik. Fischer dagegen kündigte offenen und täglichen Kampf gegen das Weiterbestehen der Regierung an: „Wir dürfen nicht wertvolle Jahre verlieren, die wir für die Erneuerung dieses Landes dringend benötigen.“

Bevor Scharping die Bedeutung von sozialer Gerechtigkeit für eine entwicklungsfähige Demokratie herausarbeitete, hatte sich Kohl zu Beginn der neunstündigen Debatte als Reformer von Politik und Gesellschaft empfohlen und den Abbau von Bürokratie zugunsten eines schlanken Staates gefordert. Die Spitzen der Arbeitgeber und Gewerkschaften lud Kohl zu einem gemeinsamen Dialog für eine neue „Beschäftigungsinitiative“ zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Bundesfinanzminister Theo Waigel versprach, den Konsolidierungsprozess bei den Bundesfinanzen fortzusetzen. Es sei der Bundesregierung gelungen, in den letzten beiden Jahren den Schuldenstand zu begrenzen, die Mark stabil zu halten und dennoch die deutsche Einheit zu finanzieren. Hans Monath Seiten 5 und 10