■ Mit Ungarns Zentralbank auf du und du
: Zurückgetreten (worden)

Budapest (taz) – Politisch motivierte Rücktritte von Notenbankchefs sind in Ungarn bereits Tradition geworden. Diesmal hat sich Zentralbankchef Péter Akós Bod unbeliebt gemacht. Am Dienstag reichte er seinen Rücktritt ein – aus politischen Gründen, wie er betonte. Das Mißtrauen der seit Mitte Juli amtierenden Regierung aus Sozialisten und Freidemokraten ihm gegenüber sei nicht gewichen.

Bod ist der dritte Zentralbankchef in Reihe, der lange vor dem Ende seines sechsjährigen Mandates zurücktritt oder abberufen wird. Er selbst kam seinerseits im Zuge einer politischen Affäre auf diesen Posten. Seinen Vorgänger György Surányi hatte die Antall-Regierung Ende 1991 gefeuert, weil er die „Demokratische Charta“ unterschrieben hatte, die Antalls Regierung mangelndes Demokratieverständnis vorwarf. Außerdem paßte der damaligen Regierung Surányis strenger Sparkurs in der Währungs- und Zinspolitik ohnehin nicht.

Der Volkswirtschaftler Bod, damals ein Neuling in Finanzkreisen, erhielt den Posten, weil er Mitglied der Regierungspartei war und deren Wirtschaftsprogramm verfaßt hatte. Er betrieb seitdem, wie von ihm erwartet, eine gelockerte Geldpolitik. Mit der Folge, daß in den folgenden beiden Jahren die Inflation nicht, wie geplant, unter jährlich 20 Prozent gedrückt werden konnte. Ungarns Auslandsschulden häuften sich auf 26 Milliarden Dollar an.

Allerdings entwickelte sich Bod zu einem unabhängigeren Zentralbankpräsidenten, als anfangs vermutet wurde. So kritisierte er seine Parteifreunde in der Regierung für ein zu großzügiges Haushaltsdefizit.

Regierungschef Gyula Horn verkündete schon vor seinem Amtsantritt, er sähe Bod nicht gern auf diesem Posten. Er unternahm zwar keine Schritte, den Bankchef abzusetzen, hatte doch Horns Äußerung in internationalen Finanzkreisen Unwillen hervorgerufen. Dennoch sei sein Rücktritt „nur natürlich“, wie ein Politiker der Freidemokraten meinte.

Als neuer Zentralbankchef ist nun unter anderem wieder Vorgänger Surányi im Gespräch. Bod hingegen wird nach seinem Rücktritt wahrscheinlich einer weiteren Tradition folgen und wie schon seine beiden Vorgänger bei einer westlichen Finanzinstitution arbeiten: Die Londoner Osteuropabank bot ihm einen Posten an. Keno Verseck