Grüße an die Senatußi

■ ...und andere kleine Frechheiten auf der Verkaufsschau der Bremer Kunstschaffenden/ Versteigerung im World Trade Center

Die Kunst ist käuflich. Noch die durchgeistigtste und konzeptuell sprödeste Kunst wird irgendwann zur Handelsware – ein Umstand, den die Kunsttheoretiker gern ausser acht lassen, der aber den Künstlern selbst, ihren Galeristen sowieso und vor allem dem Kunstpublikum letztlich nie ganz unlieb war: Auf Kunstmessen wird Kunst zugänglich, wenngleich zunächst mal auf profane Art. Mehr noch: Kunst zu kaufen, das sei „immer auch eine Art regionaler Künstlerförderung“, sagt Barbara van den Busch namens des Bremer BBK (Berufsverband Bildender Künstler). In Ermangelung eines wirklichen Förderprogramms greift der BBK also einmal im Jahr zur Selbsthilfe und lädt die Bremer zum vorweihnachtlichen Kunstkauf ein.

Symbolträchtig bieten die heimischen Künstlerinnen und Künstler, diesmal 129 an der Zahl, ihre Ware im „World Trade Center“ feil. Eine Schau, die auf Verkäuflichkeit angelegt sei, könne freilich „nicht als Leistungsschau“ bewertet werden, sagt van den Busch. Gleichviel: Dies ist auch eine der wenigen Gelegenheiten, einen Überblick darüber zu bekommen, was in den zahllosen Ateliers der Stadt das ganze Jahr über eigentlich getrieben wird.

Und da offenbart sich immer mal wieder Erstaunliches. Zwischen der handelsüblichen Dekorationsware, passend zur ligne-roset-Wohnlandschaft, blitzen ein paar grelle, sperrige Stücke hervor. Und zwar ausgerechnet solche, die mit dem Motiv des Massenkonsums und der zugehörigen Bilderproduktion ihre Spielchen treiben. Die Stereotypen des allmächtigen Disney-Imperiums werden z.B. von Isabel Valecka auseinandergenommen. Schablonenschön sprayt und zeichnet sie brav Bambi-Figuren auf ihre Blätter und Leinwände. Quietschbunte Stoffetzen verstärken die liebliche Atmosphäre. Nicht ganz zufällig erinnert das auch an die Testbilder des Farbfernsehens: Valecka, eben erst der Malklasse der hiesigen Hochschule entfleucht, kokettiert sehr gezielt mit dem Charme eines Kindes der TV-Generation. Und da tun sich hinter der penetrant flimmernden Heiterkeit dieser Malbuchbilder wahre Abgründe auf. Erstaunlich, daß das Spiel mit dem Pop, mit den Ikonen der Massenkultur, immer noch funktioniert, trotz Koons & Kippi.

Und verkaufen tut sich sowas natürlich auch noch gut. Nicht minder listenreich Gernot Wilberg, der Bausteinchen aus der Comicsprache mit alter Holzschnittechnik zusammenbringt. Sein Druck „Wo ist Johannes?“ läßt den alten Täufer als Witzfigur in Erscheinung treten, und läßt ihm doch einen Rest an würdigem Pathos.

Wie überhaupt die qualitätvollsten Arbeiten unter den Grafiken zu finden sind. Vielleicht auch eine Folge der Brauchtumspflege, die von der Bremer „Werkstattgalerie“ als Vertreterin der Druckgrafik betrieben wird. So bringen auch altgediente Kräfte wie Hajo Antpöhler immer wieder Frischware auf den Markt. Auf drei Blättern sind seine neuen Sprach- und Typokunststücke zu bestaunen: In handgeschnitzten und -gestempelten Lettern bringt er neueste Botschaften zur Lage, zwischen Konkreter Poesie und der Ästhetik anonymer Erpresserbriefen traumwandelnd, z.B so: „Senator, Senatörin, Senabetörin, Senatußi...“

Thomas Wolff

Bis Sonntag, 27.11., im World Trade Center, Birkenstr. 15, tägl. 11 - 18 Uhr; Versteigerung einiger Werke am 27.11. ab 16 Uhr