Eine Kühlerlänge vorne

■ Autorecycling auf hohem Niveau: VW und Preussag stellen erste, gemeinsam geplante Demontieranlage für Autowracks vor

Seine Straßenlage auf der Öko-Spur ist Spitze – diese Note schreibt die Bremer Umweltbehörde dem VW-Konzern nun gern ins Zeugnis. Denn gemeinsam mit der Preussag Recycling GmbH baut Deutschlands größter Autoproduzent die Altautoverwertung so systematisch auf, daß sie bis 1997 im ganzen Land funktionieren soll. Bremen liegt dabei im Zeitplan weit vorne: Ab sofort arbeitet der erste Demontage–Betrieb der neuen Art in Hemelingen. Ziel der Unternehmung: alle bisherigen Wiederverwertungsrekorde in der Autobranche zu brechen.

Die Firma Erwin Meyer, seit 30 Jahren in der Abfallwirtschaft, hat damit ein neues Standbein ausgefahren. Neben dem Geschäft mit dem Altpapier oder der Demontage von Kühlschränken besorgt sie nun das zweite Leben des Autos auf ungeahntem Niveau. Statt der bisher 75-prozentigen Altauto-Verwertung legt sie einen Recycling-Grad von 87 Prozent in der neuen Demontageanlage vor. „Mehr ist ökonomisch nicht sinnvoll.“ Wer seine Schrottkiste jetzt noch auf die billige Deponie nach Holland schickt, darf sich getrost einen Umweltfrevler nennen. Zumal ein ausgetüfteltes Netz von rund 100 Annahmestellen ab 1997 gewährleisten soll, daß niemand länger als eine Stunde fahren muß, um sein ausgediehntes Fahrzeug loszuwerden.

Zehn Autos pro Tag, soviel schafft die Belegschaft bei Meyer zur Zeit. In einer riesigen Halle schraubt sie die heilen Teile vom Wagen ab – das Leben als Ersatzteil ist intakten Türen oder Motorhauben gewiß. Dann werden die 16 Flüssigkeiten, vom Bremsmittel bis zum Getriebeöl, abgesaugt. „Trockenlegen“ sagt der Fachmann – und daß es heute so gründlich wie nie zuvor ist. Anschließend kommt der Motor raus, wird zerlegt, sortiert. Es folgt der Sondermüll, Sitzpolster oder Teppichböden – und ab geht die ausgenommene Karosse in den Schredder. Die Brösel, mechanisch getrennt in Eisen, Metalle und Deponiestoffe, nehmen nun getrennte Wege: Aus den Schmelzöfen der Stahlfirmen werden sie als Eisenbahnschienen später das neue Licht der Welt erblicken. Oder sie landen auf der Deponie.

„Mit mehr Leuten könnten wir auch 20, 25 Wagen am Tag kleinkriegen“, heißt es bei Meyer. Das wären gut 10.000 auseinandergenommene Gefährte pro Jahr. Bei einem Bremer Autowrackaufkommen von bis zu 80.000 Wagen läge das Demontage-Angebot damit immernoch weit unter dem tatsächlichen Bedarf. Vorerst könnte das jedoch die Gewähr für seine Wirtschaftlichkeit bieten. Denn noch schreibt das Gesetz nicht vor, daß für jedes abgemeldete Auto auch ein Entsorgungsnachweis vorgelegt wird – und solange ist der Autoschieberei ins Ausland, die rund ein Drittel aller Wagen betrifft, keine Grenze gesetzt.

„Hier würden wir eine gesetzliche Änderung begrüßen,“ sagen VW-Hersteller und Wiederverwerter Preussag gleichermaßen. Und auch der Demontierer Meyer stimmt zu. Er hat eine erkleckliche Summe investiert – mit weniger als 300.000 Mark Investition kommt kein mittelständisches Unternehmen ins Geschäft. „Je nachdem, welche Standards vorhanden sind, können das auch bis zu drei Millionen Mark sein“, bestätigt der Preussag-Mann Herbert Zimmermann. Dafür bietet sein Unternehmen eine Garantie für die Wertstoff-Abnahme für die Dauer einer Jugend: 18 Jahre laufen die Verträge. Und Preussag versichert, daß die Zahl von Demontage-Betrieben vor Ort beschränkt bleiben wird.

Seit Ende der 80er hat der VW-Konzern an einem neuen Recycling-Konzept gebastelt. Dahinter steht der Druck des noch unter Töpfer verabschiedeten Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Danach sollen die Hersteller für die Wiederverwertung ihrer Produkte verantwortlich gemacht werden. Obwohl die entsprechenden Artikel für die Wiederverwertung von Altautos noch nicht verabschiedet sind, hat der Wettlauf unter den Herstellern schon begonnen. Sie wissen: Sobald eine Altautoverwertung a là „Grüner Punkt“ die Autoproduzenten für das Recycling verantwortlich macht, kostet die Karre mehr Geld. Denn dann werden die 200 bis 300 Mark, die die Demontage zur Zeit kostet, nicht länger der Kundschaft aufgebrummt, sondern den Herstellern. Und wer dann, wie VW, über ein intaktes Recycling-Netz verfügt, liegt im Wettbewerb eine Kühlerlänge weiter vorne.

Eva Rhode