■ Schöner leben: Mahlzeit!
Drei Wochen sind vergangen, seitdem ich, außer mir über die schlimme Nachricht auf der ersten Seite der Tageszeitungen, in mich ging: Stimmt es, daß „Mahlzeit“ kein offizieller Gruß ist, sondern eine unschöne Angewohnheit? Stimmt es, daß als Gruß zur Mittagszeit ein freundlicher Blick reicht, ein lockeres Hallo oder am Tisch ein „Guten Appetit“?
Zu all diesen Behauptungen jedenfalls war der „Arbeitskreis Umgangsformen“ gekommen, die mich dazu trieben, nunmehr drei Wochen lang systematisch Feldforschung zu betreiben. Verließ oder betrat ich gegen Mittag das Büro, nickte ich queenlike-freundlich nach hierhin und dorthin, warf ein freundliches Hallo in die Runden, wünschte Guten Appetit. Ergebnis: Ich erntete, sofern überhaupt irgendwas, einen Blick, der nach erster Irritation in unerschöpfliches Mitleid abglitt. Wohl ein bißchen neben der Spur, oder was?
Ich beschloß, das Experiment abzubrechen, bevor man anfängt, hinter mir zu tuscheln und eine Plemplemskala an meinem Rückgrat auszurichten. Die Fragen jedoch sind nicht nur geblieben, es kamen welche dazu: Was, bitteschön, erlöst die Bayern aus ihrem unhöflichen Dasein, und müssen zivilisierte Bremer jetzt „guten Moin“ sagen?
Ich gebe zu, ja, ich habe es stets moniert, daß, wenn dir ein ganzes Großraumbüro ein „Mogän“ entgegenflötet, dies an kollektiven Mordversuch grenzt. Aber mildern sich die Umstände, verbessert sich dieser unselige „Mogän“ durch die dumpfe Beschwörung des Guten?
Ich weigere mich, dies zu glauben und wünsche dem Arbeitskreis Umgangsformen ein kräftiges Prost Mahlzeit!
Dora Hartmann
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