Meineids-Verdacht zum falschen Zeitpunkt

■ Den Kieler FDP-Politiker Wolfgang Kubicki holt die Vergangenheit ein

Die Vorwürfe kamen zur Unzeit ans Licht. Genau zur Klausurtagung der schleswig-holsteinischen FDP am vergangenen Wochenende, auf welcher der 1993 als FDP-Landeschef zurückgetretene Wolfgang Kubicki sein politisches Comeback startete, sickerte durch, daß gegen den Kieler Advokaten wegen Meineids-Verdacht ermittelt wird. Kubicki soll im Zusammenhang mit den Müllverträgen um die Sondermüll-Deponie Schönberg falsch Zeugnis abgelegt haben.

Fluch Schönberg. Wegen seiner umstrittenen Rolle im Mülldeal war Kubicki im Juni 1993 als FDP-Landesvorsitzender und Kieler Fraktionschef zurückgetreten (worden). Nun, als er nach anderthalbjähriger Schamfrist seine Bewerbung für das Amt des FDP-Spitzenkandidaten bei der nächsten Landtagswahl 1996 ankündigte, holte den „Küsten-Möllemann“ seine Vergangenheit wieder ein.

Bis 1992 beriet Kubicki für ein Honorar von rund 860.000 Mark das Schweriner Umweltministerium bei den Vertragsverhandlungen mit dem Lübecker Abfallhändler Adolf Hilmer um die Nutzungsmodalitäten der Skandal-Deponie. Die Kontrakte, die am Ende unterzeichnet wurden, klassifizierte der Schweriner Landungsrechnungshof als „miserabel verhandelte Knebelverträge“, die dem Ost-Bundesland einen dreistelligen Millionenschaden zufügten.

Infolge des Schönberg-Skandals kamen die Schweriner Umweltministerin Petra Uhlmann und ihr Staatssekretär Peter Uwe-Conrad, aber auch der damalige Kieler FDP-Chef Kubicki um Amt und Würden. Denn der Verdacht lag nahe, daß Kubicki das Umweltministerium bewußt schlecht beraten habe.

Kubicki und Hilmer besitzen nicht nur das gleiche Parteibuch, der Kieler Anwalt war nach Erkenntnissen des Schweriner Schönberg-Untersuchungsausschusses auch stiller Gesellschafter einer Tochterfirma der Hilmer-Gruppe, die durch die Müllverträge begünstigt worden sein soll. Kubicki bestreitet bis heute vehement, allzu enge Bande zu Hilmer geknüpft zu haben. Nur wenige Male, so beeidete er vor dem Untersuchungsausschuß, habe er während der Deponie-Verhandlungen Hilmer getroffen.

Aufgrund dieses Eides nahm nun die Schweriner Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Kubicki auf. Nach Informationen des Flensburger Tageblatts und des Spiegel liegt den Staatsanwälten eine Zeugenaussage vor, wonach sich Kubicki und Hilmer in der Zeit der Vertragsverhandlungen im Kieler Prominentenlokal „Damperhof“ derart häufig getroffen haben daß es, so der Spiegel, „scherzhaft als Kubickis Außenbüro bezeichnet wurde“.

Doch nicht nur wegen dieser Zeugenaussage muß der Kieler Anwalt fürchten, daß er auf dem FDP-Wahlparteitag im kommenden Juni nicht der Delegierten Liebling werden wird. Die Schweriner Landesregierung läßt zur Zeit juristisch prüfen, ob Uhlmann, Conrad und Kubicki für die – dem Land durch die „Knebelverträge“ entstandenen – Schäden regreßpflichtig gemacht werden können. Inzwischen handelte das neubesetzte Schweriner Umweltministerium laut Nordkurier einen neuen Schönberg-Vertrag aus, von dem sich das Ministerium „das Doppelte bis Dreifache des Gewinns erhofft“, den es auf Grundlage des „Kubicki-Vertragswerkes“ eingefahren hätte.

Auf die neuesten Vorwüfe gegen seine Person reagiert Kubicki wie gewohnt: Mit Rundum-Dementis und Gegenattacken. Alle Vorwürfe gegen ihn, betont der 42jährige, seinen haltlos und Produkt einer von der SPD gesteuerten Verleumdungskampagne gegen ihn. Den als zukünftigen Schweriner Justizministers ins Gespräch gebrachten SPDler Rolf Eggert, den Kubicki hinter der Meineids-Anzeige vermutet, will der streitlustige Advokat wegen falscher Verdächtigungen vor Gericht bringen.

Auch mit der Schweriner Staatsanwaltschaft steht der Spitzenkandidat-Kandidat bereits in Kontakt. Als unangreifbaren Beweis dafür, daß er sich mit Hilmer nur ganz selten getroffen hat, will Wolfgang Kubicki den Ermittlern nun ein fälschungssicheres Dokument vorlegen: Seinen Terminkalender.

Marco Carini