Brandanschläge auf türkische Vereine

■ Polizei und Betroffene vermuten PKK-Täter / Vier Festnahmen / Haß auf „die Kurden“

„Wir haben Angst! Wer weiß denn, ob die nicht morgen unser Haus anstecken?“, fragt ein alter Mann. Darüber, wer mit „die“ gemeint ist, sind sich die türkischen und deutschen Gröpelinger einig, die vor dem völlig zerstörten ehemaligen Bauernhaus in der Lindenhofstraße zusammenstehen und diskutieren: „die PKK“ oder „die Kurden“ hätten den Brandsatz geworfen, bei dem das Vereinslokal der „Türkischen Gemeinschaft“ und die beiden Wohnungen im gleichen Haus in der Nacht zum Montag vollständig ausgebrannt waren (vgl. S.4). Die vier deutschen NachbarInnen des Vereins waren dabei nur durch Zufall den Flammen entkommen. Drei von ihnen erlitten leichte Rauchvergiftungen, aber ihr gesamter persönlicher Besitz ist zerstört.

Auch schräg gegenüber, im Vereinslokal von „Vatan Sport“, vor dessen Tür jetzt bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ein Molotow-Coctail landete, ist die Empörung groß. „Hier sind alle sehr aufgeregt“, berichtet ein Besucher der Teestube, „in Bremen muß vieles anders gemacht werden.“ Die Anschläge auf türkische Einrichtungen seien doch kein Wunder, schließlich würden „die Kurden“ in Bremen ja „von der Politik“ unterstützt. Da müßten eben die beiden Gröpelinger Vereine zuerst dran glauben, schließlich seien sie als „Motoren“ des türkischen Zentralverbandes in Bremen bekannt.

Der Zorn schlägt auch Helga Trüpel entgegen, als sie am Vormittag die Folgen des nächtlichen Brandanschlags besichtigt. Empört reagiert ein türkischer Konsulats-Mitarbeiter, als die Senatorin für Ausländerintegration „den Konflikt“ bedauert, der zu diesem Brandanschlag geführt habe. „Welcher Konflikt denn?“, will er wissen, in der Türkei gebe es schließlich keinen Konflikt zwischen Türken und Kurden, sondern nur eine „Terrororganisation PKK“ und deren Bekämpfung.

Immer wieder hatte die Senatorin für Ausländerintegration in den vergangenen Monaten versucht, den staatsnahen „türkischen Zentralverband“ mit kurdischen Organisationen an einen Tisch zu bekommen, um zumindest in Bremen etwas Entspannung in das türkisch-kurdische Verhältnis zu bringen. Erfolg hatten diese Versuche nie – für den türkischen Verband sind organisierte Kurden schlicht „Terroristen“, mit denen man nicht spricht. Aber auch von Seiten PKK-naher KurdInnen hatte es keine Bereitschaft gegeben, zwischen der Politik des türkischen Staats in Kurdistan und den türkischen Vereinen in Bremen zu unterscheiden.

In diese Vorgeschichte paßt die Presseerklärung haargenau, die der türkische Honorargeneralkonsul Karl Grabbe bereits gestern vormittag abgibt: „Separatistisches und extremistisches Gedankengut wird in Bremen durch den Senat mit öffentlichen Mitteln gefördert. Die jetzigen Brandanschläge sind nicht die ersten Anschläge auf Eigentum und Leben türkischer Vereine als Konsequenz.“

Auch Polizei und Verfassungsschutz sind sich bereits gestern vormittag ziemlich sicher, daß „PKK-nahe Kreise“ hinter den Anschlägen stecken (vgl. S.4). Bis zum Abend teilt die Polizei jedoch keine weiteren Ermittlungsergebnisse mit. Die Vernehmung der vier kurdischen Tatverdächtigen mit türkischem Paß, die in der Nacht in der Nähe des Tatorts verhaftet worden waren, sei „noch nicht abgeschlossen“, heißt es.

Vorsichtiger denn auch die Erklärung von Helga Trüpel. „Wer immer diese Anschläge zu verantworten hat“, heißt es darin, „muß hart bestraft werden.“ Die angesprochenen „PKK-nahen Kreise“ selber wollen zu dem Bremer Brandanschlag überhaupt keine Erklärung abgeben. „Wir haben noch keine genauen Informationen“, heißt es am späten Nachmittag beim „Kurdistan Informationsbüro“ in Köln. Auch nach dem ersten Anschlag auf das Vereinslokal von „Vatan Sport“ waren von der Polizei die Täter in PKK-Kreisen vermutet worden. Aufgeklärt wurde der Fall bis heute allerdings nicht.

„So schnell wie möglich“ will Helga Trüpel jetzt für einen Termin der Gröpelinger Vereine mit Bürgermeister Wedemeier und Innensenator van Nispen sorgen, verspricht sie am Morgen nach dem Anschlag. Ase