Mach Strom aus dem Strom

■ Abkommen der Mekong-Anrainer / Laos setzt auf Export von Wasserkraft

Hanoi/Vientiane (AFP/taz) – Vietnam, Thailand, Laos und Kambodscha haben gestern in Hanoi einen Vertragsentwurf über die gemeinsame Nutzung des größten südostasiatischen Flusses Mekong unterzeichnet. Streitigkeiten über Fischerei, Schiffahrt, Bewässerung, Flußerweiterungen und Stromerzeugung sollen künftig mit Hilfe einer Schiedskommission geregelt werden.

Das unter UN-Vermittlung ausgearbeitete Programm soll die gerechte Verteilung der Ressourcen, die Beibehaltung der Wasserqualität und vor allem die freie Schiffahrt auf dem Mekong gewährleisten. Kambodscha etwa hatte erst kürzlich Vietnam vorgeworfen, vorsätzlich kambodschanische Schiffe auf dem Weg ins Südchinesische Meer aufzuhalten. Allerdings sind zwei weitere Mekong- Anrainer, Birma und China, nicht an dem Abkommen beteiligt. China plant eine Kaskade von bis zu 14 Mekong-Dämmen in der Provinz Yunnan.

Das Unterzeichnerland Laos gehört zu den Ländern, für die der Mekong und seine Zuflüsse eine wichtige Ressource darstellen. Wasserkraft soll das Land zum größten Elektrizitätsexporteur der Region machen. Besonders begeisterte Optimisten bezeichnen Laos bereits als das zukünftige „Kuweit Indochinas“. Der Verkauf von Energie, so meinen sie, sei ein kluger Schachzug für ein Land, dessen geringe Bevölkerung und Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften seine Chancen beschränke, arbeitsintensive Industrien aufzubauen wie in Thailand, Vietnam, Malaysia oder auch Birma.

Umweltschützer warnen jedoch, daß die ehrgeizigen Projekte einigen der letzten unberührten Urwaldgebiete Südostasiens irreparable Schäden zufügen könnten. Die Sumpfgebiete und Flußsysteme des Landes beherbergen viele wilde Tierarten, darunter zahlreiche bedrohte Vogelarten und auch Nashörner. Würden die Wasserkraftpläne in Südlaos Wirklichkeit, wäre höchstwahrscheinlich für den Irawadi-Delphin das Ende nahe. Der einzige Süßwasser-Delphin der Welt ist schon jetzt bedroht durch den unkontrollierten Fischfang im Mekong in den gesetzlosen Gegenden entlang der Grenze zu Kambodscha.

Trotzdem bietet sich angesichts eines kaufwilligen Nachbarn die Aussicht auf guten Verdienst. Schon jetzt kauft Thailand jährlich etwa 100 Megawatt von Laos, und die Nachfrage steigt schnell. Die Spitzennachfrage der schnell expandierenden thailändischen Wirtschaft dürfte sich in den nächsten 25 Jahren fast verzehnfachen, von 9.730 Megawatt heute auf 88.000 Megawatt im Jahre 2020. Die Stromexporte, schon jetzt eine wichtige Devisenquelle für Laos, erbrachten im letzten Jahr 17,1 Millionen US-Dollar. Ende 1992 unterzeichneten Thailand und Laos eine gemeinsame Absichtserklärung, wonach bis zum Jahr 2000 zusätzliche 1.500 Megawatt für den Export nach Thailand bereitgestellt werden sollten.

In einem Bericht vom Januar dieses Jahres stellt die schwedische Entwicklungsbehörde – einer der wichtigsten Geldgeber in Laos – allerdings ziemlich unverblümt fest, daß die „überaus ehrgeizigen Ziele des Landes weder erreichbar noch wünschenswert“ seien; die Behörde empfiehlt eine langsamere, besser koordinierte Energieentwicklung für Laos. Wenn die weitere Entwicklung nicht richtig gehandhabt wird, könnte Laos nicht nur seine letzten Dschungel und Regenwälder verlieren, sondern sogar einen Teil seiner Souveränität. Denn jedes andere Land der Region verfolgt eigene Wasserkraftpläne. Die thailändischen Behörden als einzige Abnehmer werden „die Bedingungen diktieren können“, meint ein westlicher Helfer in der Hauptstadt Vientiane. Bertil Lintner