Magic Berlin am Pariser Platz

■ Gestern wurde unter nostalgischen Beschwörungen die Erde für das neue Hotel Adlon umgegraben / Biedermeierliche Gestaltungssatzungen des Bausenats für den Pariser Platz stoßen auf Kritik

„Berlin is magic“ und „Hotel Adlon, eine Legende lebt wieder auf“, so lauteten gestern die beiden zentralen Botschaften beim „ersten Spatenstich“ zum Wiederaufbau des einstigen Luxushotels am Pariser Platz. Mit Vergangenheitssoßen über Kaiser Wilhelm Zwo, der 1907 gesagt haben soll: „Mach das, Adlon. Berlin wird Weltstadt“, und alten Träumen aus der Welt der Reichen und Schönen, die bis zur Brandnacht 1945 in den Ballsälen lagerten, beschwor Anno August Jagdfeld vom Kölner Investor Fundus (Diepgen sagte immer „Jaksfeld“) die heroischen Grandhotel-Zeiten vor dem spatenstechenden Regierenden Bürgermeister, um wenigstens etwas Flair auf die Ödnis vor dem Brandenburger Tor zu reden. Mehr geschah nicht. Angesichts derartiger „Ereignisse“ muß man die Frage stellen, ob es nicht besser wäre, mit dem Feiern bis zur Grundsteinlegung zu warten.

Immerhin wird Fundus Fonds auf dem Grundstück an der südlichen Ecke des Pariser Platzes für die Adventa und Kempinski AG bis 1997 eine 350-Betten-Burg mit Konferenzetagen sowie nostalgischen Foyers, Dining-Salons und Bars errichten, die das historische Original in Erinnerung rufen. Wie aber das Karree unter den Fenstern des Adlon einmal insgesamt aussehen soll, darüber ist einiger Streit zu erwarten, werden doch die Vorgaben des Bausenators, der dem Ort eine biedermeierliche Fassung geben will, kaum erfüllt.

Schon die beiden Bürobauten von Josef Paul Kleihues, „Haus Liebermann“ und „Haus Sommer“, die ab 1995 südlich und nördlich des Brandenburger Tores errichtet werden sollen und sich noch in Form und Gestalt an den Vorbildern orientieren, stoßen auf Bedenken. Kleihues trennt die Häuser von den Flügeln des Tores und lehnt einen originalgetreuen Wiederaufbau, wie ihn die „Gesellschaft Historisches Berlin“ fordert, ab. Daß das Karree jedoch zusehends zum Kleihues-Platz mutiert, wie die Grünen-Abgeordnete Elisabeth Ziemer einmal schalt, läßt sich daran ermessen, daß der Berliner Architekt mit den guten Beziehungen auch das Grundstück für ein 280 Millionen Mark teures fünfgeschossiges Geschäftshaus neben der Akademie der Künste plant.

Keine Renaissance ihrer einstmals noblen Botschaftsstandorte aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg planen auch die drei ehemaligen Alliierten USA, Großbritannien und Frankreich. Während die Briten noch an der Absicht festhalten, ihr Gebäude in der gewünschten Art bis 1998 neben dem Hotel Adlon hochzuziehen, stehen hinter der amerikanischen und französischen Mission Fragezeichen. So haben die Amerikaner einen Wettbewerb für ihr Gebäude an der Südseite des Platzes ausgelobt, dessen Ergebnis dem Haus auf dem beengten Standort durch eine freistehende Lage oder eine höhere Traufe etwas „Luft“ verschaffen könnte, wie der neue Botschafter Redman es wünscht. Schwierig gestaltet sich gar der Umzug der Franzosen an die Nordostseite des Platzes neben dem neuen Headquarter der Dresdner Bank, müssen doch hier noch ausstehende Grundstücksverhandlungen geklärt werden.

Die Grundsätze der Planung am Pariser Platz stellt schließlich die Akademie der Künste mit ihrem neuen Stahl-und-Glas-Haus des Architekten Günter Behnisch insgesamt in Frage. Der wunderbare Entwurf in einer modernen Architektursprache widersetzt sich den Vorstellungen des Bausenators zur baulichen Gestaltung des Pariser Platzes, wie Akademie-Bausekretär Michael Kraus betont. Die Akademie empfiehlt dem Bausenator, der mit seiner „Gestaltungssatzung“ die städtebaulich geschlossene Figur sowie die Höhen, Volumen, Material und Fassaden der Neubauten dem historischen Original anzugleichen sucht, „andere Vorgaben auszuarbeiten“. Gefördert würden dadurch Uniformität, aber keineswegs vielfältige und „gute Architektur“. Rolf Lautenschläger