Schwarzer Peter bleibt Waise

■ Bernhard-Nocht-Institut: Opposition wettert / Gesundheitssenatorin wehrt sich / Klinik soll umstrukturiert werden Von Sannah Koch

Der Schwarze Peter bleibt weiterhin ein Waisenkind. Hamburgs Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel will ihn jedenfalls nicht haben. In der gestrigen Bürgerschaftsdebatte um den Medizinskandal im Bernhard-Nocht-Institut (BNI) versuchte sie, ihn an die Ärztekammer zurückzureichen.

Nur wenig ist bis heute über die Todesfälle von Malaria-Patienten im BNI bekannt: Bislang stützen sich alle Vorwürfe auf das Gutachten des Münchner Tropenmediziners Prof. Dieter Eichenlaub. Der hatte dem BNI im Fall der Behandlung von fünf Malaria-Kranken in den Jahren 90/91 ärztliches Fehlverhalten attestiert, das zum Tode der Patienten geführt habe. Aber auch die Gesundheitsbehörde hatte Eichenlaub nicht geschont: Diese habe die klinische Abteilung des Instituts unzureichend ausgestattet, es fehle überdies eine Intensivstation. Die Beibehaltung dieses Zustands, so der Gutachter, könne als Organisationsverschulden des Trägers angesehen werden (taz berichtete).

Die Senatorin wies gestern alle Anschuldigungen zurück. Ihre Nachforschungen hätten ergeben, daß in den vergangenen sieben Jahren in den Wirtschaftsplanverhandlungen niemand jemals eine Intensivstation für das BNI gefordert hätte. Auch, so Fischer-Menzel, habe der inzwischen beurlaubte Chefarzt Manfred Dietrich noch 1992 betont, daß in seiner Abteilung eine intensivmedizinische Betreuung der Patienten möglich sei. Jetzt will die Senatorin durchgreifen: Künftig werde sich im BNI einiges ändern, so ihre Ankündigung. „Die Klinik wird auf Dauer nicht mehr eigenständig existierem“, so Fischer-Menzel, sondern in ein anderes großes Hamburger Krankenhaus eingegliedert werden. Damit könne der vom Gutachter geforderten umfassenden Behandlung der Patienten Rechnung getragen werden.

Zudem hinaus will die Behörde zwei weitere Gutachten in Auftrag geben: Eine pharmakologische Untersuchung soll klären, ob die Verabreichung des Medikaments Trental den Tod von drei Patienten herbeigeführt hat; ein weireres Gutachten wird nochmal die intensivmedizinischen Hintergründe der Behandlung hinterfragen.

Mit spitzem Finger wies Fischer-Menzel auf die Ärztekammer. Die war 1992 von einem Arzt informiert worden, hatte sich anderthalb Jahre mit den Vorwürfen befaßt und sie dann stillschweigend zu den Akten gelegt. Fischer-Menzel: „Richtig wäre es gewesen, die BAGS als Aufsichtsbehörde über die Vorwürfe zu informieren.“

Die CDU-Fraktion forderte gestern nochmals den Rücktritt der Sozialsenatorin. Sie habe die Öffentlichkeit nicht über die Kritik Eichenlaubs an der Behörde informiert. „Die halbe Wahrheit zu sagen, ist auch eine Lüge“, wetterte CDU-Fraktionschef Ole von Beust. Der GAL-Abgeordnete und Arzt Peter Zamory griff hingegen den Präsidenten der Ärztekammer, Rolf Bialas, an: „Das vereinbarte Schweigen zwischen Bialas und Dietrich ist eine Schande für meine Zunft.“