Möllemann springt ohne Fallschirm

■ Nordrhein-Westfalens FDP trifft am Wochenende Entscheidung über neuen Landesvorstand / Forsa: 51 Prozent der FDP-Anhänger wollen Möllemann

Düsseldorf (taz) – „Das war der dämlichste Putsch, den ich je erlebt habe.“ So spricht der Düsseldorfer FDP-Fraktionschef Achim Rohde inzwischen über jenes Bonner FDP-Kommando-Unternehmen, das Ende Oktober mit einem Überraschungscoup den Sturz von Jürgen W. Möllemann bewerkstelligen sollte. Tatsächlich ging der von dem Bonner FDP-Staatssekretär Fritz Schaumann (48) angeführte Angriff im Landesvorstand der NRW-FDP mit dem erzwungenen Rücktritt für Möllemann übel aus. Doch die Freude über diesen „Schlußstrich“ unter das Kapitel Möllemann, die der Bonner FDP-Fraktionschef Hermann- Otto Solms zum besten gab, währte nicht lange. Der „Geisterfahrer“, den der Kinkel-Fanclub um Schaumann für immer auf „dem Parkplatz abstellen“ wollte, entpuppte sich als höchst mobil.

Wohl wissend um den Frust über das Erscheinungsbild der Bonner Führung, mobilisierte der geschaßte Chef das Parteivolk gegen die Frondeure. Die von Möllemann begehrte Mitgliederbefragung schmetterte der Landesvorstand zwar ab, aber bei dem inzwischen abgeschlossenen Basis- Schaulaufen der drei Kandidaten wurde quer durch das Land nur einer frenetisch gefeiert: Jürgen W. Möllemann. Soviel ist deshalb gewiß: Dürften die Mitglieder abstimmen, stünde es schlecht um Schaumann und den dritten Kandidaten, den Bielefelder Landtagsabgeordneten Joachim Schultz- Thornau (51). Doch am kommenden Wochenende entscheidet nicht das Parteivolk, sondern die Delegierten des Parteitages. Das sind exakt dieselben, die Möllemann erst im Frühjahr bei der Vorsitzendenwahl mit nur 59,6 Prozent eine derbe Ohrfeige verabreicht hatten. Durch seine Ankündigung, im Falle einer Wiederwahl sein Bundestagsmandat niederzulegen, um sich ganz auf die Landtagswahl in NRW zu konzentrieren, könnte er auch bei den Delegierten Punkte gutgemacht haben.

Mit Achim Rohde steht ihm zudem ein gewichtiger Freund zur Seite. Für den Düsseldorfer Fraktionschef bietet das Tandem Möllemann/Rohde die „beste Formation mit den größten Chancen“, um den „Schicksalswahlkampf“ zu bestehen. Damit auch dem letzten Delegierten klar wird, um was es geht, verbreitete das Möllemann- Lager gestern eine passende Forsa-Umfrage. Demnach wünschen sich 51 Prozent der FDP-Anhänger, daß Möllemann eine größere Rolle in der Landespolitik spielt. 15 Prozent entschieden sich für Rohde, sechs Prozent votierten für Schultz-Tornau und nur vier Prozent für Schaumann. Für einen „Geisterfahrer“ kein schlechtes Ergebnis. Walter Jakobs