■ Nachgefragt
: „Als Konsul kann ich die Leute immer weniger beruhigen“

Karl Grabbe ist als Honorargeneralkonsul der Türkei für die konsularische Betreuung von rund 30.000 TürkInnen im Land Bremen zuständig.

taz: Sie sind wirklich der Meinung, daß die für die Finanzierung von ausländischen Vereinen zuständigen Senatoren für die Gröpelinger Brandanschläge mitverantwortlich sind?

Karl Grabbe: Ja, denn ich glaube, daß die Leute dadurch denken, sie leben im Naturschutzgebiet, wenn sie hier in Bremen etwas anstellen. Es ist doch nicht von ungefähr, daß zur gleichen Zeit die ganze Stadt mit PKK-Symbolen vollgepflastert worden ist.

Der Verein „Hevalti“ hat danach eine Erklärung für „die Kurdinnen und Kurden“ abgegeben. Aber die meisten Kurden sind doch national gesinnte Türken. Und „Hevalti“ ist der Nachfolgeverein des als PKK-Organisation verbotenen Mesopotamischen Kulturvereins.

Das Verbot ist inzwischen wieder aufgehoben.

„Hevalti“ ist aber während des Verbots gegründet worden. Und das ursprüngliche Verbot ist nur außer Vollzug gesetzt worden.

Wen meinen Sie mit dem Vorwurf in Ihrer Erklärung, Bremen würde „separatistisches und extremistisches Gedankengut fördern“? „Hevalti“ doch wohl nicht, denn dieser Verein bekommt gar kein Geld.

Zum Beispiel die Komkar. Die wird erheblich gefördert: 3.000 Mark für eine Aktionswoche, 160.000 Mark vom Jugendsenator.

Aber wie kommen Sie denn darauf, daß mit diesem Geld „extremistisches Gedankengut“ gefördert wird?

Komkar ist für mich ein extremistischer Verein, weil er mit der PKK zusammenarbeitet.

Das wird von der Komkar aber heftig bestritten.

Natürlich, die anderen bestreiten ja auch, daß sie je jemanden umgebracht haben.

Aber nur weil der Konsul einen Verdacht hat, können doch die Behörden einem Verein den Antrag auf Projektförderung nicht ablehnen.

Das ist kein Verdacht. Das steht in einem Buch über die PKK, das ein Journalist der Turkish Daily News geschrieben hat, der bestimmt nicht regierungsfreundlich ist.

Sie wagen sich mit ihrem Vorwurf gegen Mitglieder des Senats sehr weit vor. Da müssen Sie doch ein bißchen mehr an harten Informationen über konkrete Bremer Verhältnisse haben.

Zum Beispiel eine Veranstaltung, die die Hochschule durchführt, bei der im Titel von „Nordwest-Kurdistan“ die Rede ist. Gemeint ist aber die Südost-Türkei. Das ist doch ganz klar eine separatistische Terminologie. Wenn sowas im Bereich des Wissenschaftssenators stattfindet, dann ist das doch eine finanzielle und ideelle Unterstützung.

Die Förderung von Ausländervereinen geschieht in Bremen über den Dachverband der Ausländerkulturvereine (DAB). Warum sind die Vereine des Türkischen Zentralverbandes nicht Mitglied im DAB?

Die türkischen Vereine wollen mit dem nichts zu tun haben. Denn die Geschäftsführerin, Frau Iletmis, hat zum Beispiel versucht zu verhindern, daß das türkische Fernsehprogramm in Bremen eingespeist wird.

Wenn die 20 Vereine des „Türkischen Zentralverbandes“ nicht Mitglied werden, müssen sie sich auch nicht wundern, daß sie im DAB nichts zu sagen haben.

Mir als Konsul geht es darum, daß die zentrale Institution der Türken in Bremen nicht gefördert wird.

Weil es Senatskonzept ist, nicht einzelne Nationalitäten-Verbände zu fördern, sondern über den DAB einen multinationalen Zusammenschluß zu schaffen. Warum ist dieses Konzept schlecht?

Weil die türkischen Vereine jede Zusammenarbeit mit dem DAB ablehnen. Die wollen sich selbst vertreten.

Schüren Sie mit diesem Beharren auf dem Nationalitätsprinzip nicht genau die Konflikte, die jetzt offenbar auch zu den Brandanschlägen in Bremen geführt haben?

Nein, ich schüre das nicht, sondern der Türkische Zentralverband ist eine Gegenreaktion auf den DAB, in dem sich die Türken nicht vertreten fühlen.

Mein Rat an die ist sowieso, auf staatliche Förderung zu verzichten. Aber die sagen, wir zahlen hier Steuern und finanzieren damit Leute, die unser Heimatland bekämpfen. Das wollen wir nicht.

Ausländerintegrations-Senatorin Trüpel hat die türkischen Vereine und Sie persönlich zu Gesprächen mit den kurdischen Vereinen an einen Runden Tisch geladen. Warum sind Sie nicht gekommen?

Solange Helga Trüpel Separatisten als Kurden erklärt, gibt es keine Möglichkeit, miteinander zu sprechen. Sie schmeißt damit alle Kurden, die ihr Heimatland lieben und sich als Türken fühlen, in einen Topf mit Leuten, die ihre Ideologie mit Gewalt vertreten.

Es gibt nun aber unter den türkischen Staatsbürgern in Bremen viele, die sich als Kurden verstehen und in kurdischen Vereinen organisiert sein wollen. Und wenn Sie mit denen nicht reden, wird sich der Konflikt doch nie entschärfen.

Ja, er wird sich noch verstärken.

Und daran sind Sie mitschuldig.

Nein, ich vertrete die Türkei. Und die ist ein Nationalstaat. Auf der selben Linie liegt der Türkische Zentralverband. Nur es gelingt uns immer weniger, wenn solche Anschläge passieren, die Leute ruhig zu halten. Im Augenblick stoßen sie nur Drohungen aus, die ich nicht so ganz ernst nehme. Aber irgendwann ist es soweit, daß Reaktionen kommen, die wir nicht mehr kontrollieren können.

Fragen: Dirk Asendorpf