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Für Verlegene gibt's Sekt

■ Norddeutschlands erster Erotikshop für Frauen eröffnet in Bremens City

Den ersten Vibrator brachte ihr der Freund mit, erzählt die Betriebswirtin Christine Meise. Sie selbst wäre nicht in einen der klassischen Sexshops gegangen, wo Eintretende von aufgeblasenen Puppen und Stöhnen vom Band empfangen werden. Jetzt hat sich Christine Meise zusammen mit den Sozialpädagoginen Cordula Rasch und Petra Petersen den Traum vom Erotikladen für Frauen erfüllt. Kennengelernt haben sie sich in der Kindergruppe. Mit dem ersten norddeutschen Erotikladen für Frauen „ForLadies“ steigen sie nach der Babypause wieder ins Berufsleben ein.

Anders als die herkömmlichen Sexshops empfängt ihr Laden die Kundinnen mit edlem Parkettfußboden und Möbeln aus Glas, Holz und Stahl. Außerdem liegt der Laden nicht in Bahnhofsnähe zwischen Schmuddelshops, sondern mit der Adresse Ostertorwallstraße 67/68 in der Nähe der Bischofsnadel in der City, umgeben von Friseur, Boutiquen und Schmuckläden... Zentral, aber denoch in einer Seitenlage, also schwer einsehbar.

Dildos gibt es auch hier, allerdings eher im hinteren Ladenteil. Verlegene können erst sich erst mal auf dem Sofa niederlassen, Kaffee oder Prosecco trinken und in Büchern über sexuelle Phantasien von Frauen oder über Tantra blättern, vielleicht auch mal einen Blick in die Prospekte für Spitzen- oder auch Latexwäsche werfen. „Billige Reizwäsche, die aussieht wie ein Karnevalskostüm“, beleidigt dabei nicht den Blick der scheuen Kundin. Viel erotischer finden die Geschäftsfrauen ohnehin feine Spitzenwäsche.

Weiterer Unterschied zum Sexshop: Massagestäbe werden nicht verpackt angeboten, sondern stehen offen in Glasregalen. Jeder kann angefaßt, allerdings nicht ausprobiert und schon gar nicht wieder zurückgegeben werden. Schlichte Vibratoren (keine Penisnachbildungen) gibt es ab 29 Mark, und zwar in allen Farben von hellblau bis schwarz. Die ganz billigen für zwanzig Mark hat der Laden nicht im Sortiment – „die haben doch Nähte“. Vibratoren für 190 Mark bieten mehr: „Eichel“ und „Schaft“ vibireren nicht nur, sondern rotieren und zwar in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Mit dabei: ein Klitorisstimulator. Das Ganze in Lila.

„Riesenteile“ übrigens bieten die Frauen nicht an, „da sind den Herstellern die Männerphantasien durchgegangen“, sagt Cordula Rasch. Auch aufblasbare Männer würde sie auf Nachfrage zwar ordern, aber keinesfalls im Laden aufstellen. Auch von den üblichen Pornovideos haben die drei sich abgegrenzt, sie verkaufen nur ausgewählte Videos von Künstlerinnen. Cordula Rasch: „Wenn ich das Gefühl habe, da werden Frauen nur vermarktet, da geht es gar nicht um ihre eigene Lust, kann ich mir ein Produkt nicht vorstellen.“

Petra Petersen hat ihren Vibrator offen im Bad stehen. Nur vor Putzfrau und Oma versteckt sie ihn. Weniger eindeutig sehen die sogenannten Liebeskugeln aus: zwei goldene Kugeln an einer Schnur. „Die steckt man sich in die Möse, dann kann man damit spazierengehen, das ist eine sanfte Massage“, sagt Petra Petersen. In Berlin gebe es dafür auch Workshops, denn dieses Musekltraining sei beste Rückbildungsgymnastik.

Einige Geräte, intern „Toys“ genannt, geben wahrsscheinlich mancher Kundin Rätsel auf, nicht nur die Kugeln, auch das „Venus Butterfly“, ein Klitorisstimulator, den man, mit zwei Gummis um die Schenkel befestigt und unter der Wäsche tragen kann (ca. 40 Mark). „Ich denke aber schon, daß wir die Sensibilität haben, auf Frauen zuzugehen, die weniger Erfahrung haben“, sagt Cordula Rasch. Wer sich erst mal über die verschiedensten Sexualpraktiken informieren will, kann pädagogische Videos erstehen, „Sex, Lust und Leben“ etwa, das auch von pro familia empfohlen wird.

„Mit unserem Laden feiern wir die Einzigartigkeit des weiblichen Körpers und seiner Sexualität“ – mit diesem Konzept haben die drei Geschäftsfrauen bei Institutionen wie der Handelskammer nach Existenzgründerinnen-Krediten gefragt. „Da sind wir auf sehr wenig konservatives Gedankengut gestoßen.“ Jetzt wollen sie auch den EU-Topf für „Die besondere Projektidee“ anzapfen. cis

„ForLadies“, Ostertorwallstr.67/68, ab 6.12., täglich 10-18.30 Uhr, geöffnet auch für Männer, die sich zu benehmen wissen.

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