Was kostet der Hertha-Vorstand?

■ Sportlich gerade auf Höhenflug, heizt eine Offerte der Baumafia einen neuen Streit beim Fußball-Zweitligisten Hertha BSC an / 13,5 Millionen Mark bei Vorstandsrücktritt

Gerade einmal zwei Monate ist es her, daß der neugewählte Präsident von Hertha BSC Berlin, Manfred Zemaitat, in seiner Antrittsrede den Wunsch äußerte, in dem Skandalverein möge nun endlich Ruhe einkehren. In der Folge führte der Vorstand den Klub mit ruhiger und sachlicher Arbeit bis auf den dritten Platz der zweiten Bundesliga. Doch nun ist es mit der Ruhe vorbei.

Am vergangenen Mittwoch brachte eine einzige Meldung die Vereinsbosse ins Rotieren. Ein Konsortium von mehr als dreißig Firmen will der finanziell angeschlagenen Hertha mit 13,5 Millionen Mark unter die Arme greifen. Vorbedingung für das Engagement: Der gesamte Vorstand müsse seinen Rücktritt erklären.

Die Firmen, die hinter dieser Offerte stehen, wollen sich vorerst nicht zu erkennen geben. Offenkundig ist aber, daß einige Größen der Berliner Baubranche federführend beteiligt sind. Der einzige, der bisher aus der Anonymität trat und als Sprecher der Gruppe fungiert, ist Detlef Heitzmann. Heitzmann ist geschäftsführender Gesellschafter der Otremba Baubetreuungs GmbH, berüchtigt im Bereich des frei finanzierten Wohnungsbaus. Hinter der Otremba steht auch der Einfluß der Philipp Holzmann AG, einer der umsatzstärksten Baukonzerne Deutschlands. Neben einigen weiteren Bauunternehmen sollen sich auch Banken und einige Großkonzerne in der Unterstützergruppe befinden.

Vermittelt wurde der mögliche Millionendeal durch Heinz Roloff, Vorgänger Zemaitats auf dem Präsidentenstuhl und mit seiner Firma Denker & Roloff ebenfalls Mitglied der „Berliner Baumafia“. Roloff (81) war nach neun Jahren Amtszeit von Zemaitat aus dem Amt gedrängt worden und mit wenig Dank verabschiedet worden. Er gilt seither als erbitterter Gegner des jetzigen Vorstandes. Gut vorstellbar, daß die Forderung nach Rücktritt des amtierenden Vorstands seinem Einfluß zu verdanken ist.

Auf einer Vorstandssitzung am Donnerstag signalisierten Zemaitat und Co. zwar Verhandlungsbereitschaft: „Es wäre unverantwortlich, ein solches Angebot zurückzuweisen“ (Präsidiumsmitglied Jörg Thomas). Einen sofortigen Rücktritt lehnten sie aber ab. Schatzmeister Hans-Jürgen Maurer aber trat noch während der Sitzung zurück – wegen unterschiedlicher Auffassungen, wie es in einer Erklärung des Vorstandes hieß. Maurer sah das Finanzierungsangebot wohl wesentlich positiver als seine Kollegen, über ihn hatte das Konsortium das Angebot auch in den Verein getragen.

Tatsächlich klingt die Finanzierungsofferte besser, als sie ist. So sollen die 13,5 Millionen Mark nicht als Zuschuß, sondern lediglich als Darlehen fließen. In der ersten Euphorie hatten dies anfangs einige übersehen. Nur, Schulden hat der Verein bereits genug; weitere Kredite aufzunehmen würde wenig Sinn machen. Wenn Konsortiumssprecher Detlef Heitzmann außerdem davon spricht, daß „der Einsatz sich schließlich verzinsen muß“, drängt sich die Vermutung auf, nicht die große Rettung Herthas stehe an, sondern lediglich ein neuer Machtkampf.

Dennoch will sich das Präsidium in den nächsten Tagen mit Heitzmann treffen, um weitere Einzelheiten der Offerte zu erfahren. „Sollte das Angebot dem Verein weiterhelfen können, wäre ich bereit zurückzutreten“, so Jörg Thomas. Dem Vorstand bliebe auch kaum eine andere Wahl, schließlich will, wer Geld in einen Verein pumpt, auch das Sagen haben – egal, ob es dem Verein auch tatsächlich nützt. Andreas Pfahlsberger