■ Bonn apart
: Von deutschem Brot und Korn

Ein bißchen dünne, Ulla Hahn! Da hatte das Eichholzer Forum der Konrad-Adenauer- Stiftung zum Thema „Die Intellektuellen und die nationale Frage“ kürzlich eine leibhaftige Poetin in die Akademie geladen. Und was bietet die Dichterin? Einen konturlosen Begriffsbrei mit geringem intellektuellem Nährwert. „Man kann sich seine Nation nicht aussuchen, ebensowenig wie seine Familie.“ Das, mit Verlaub, war uns bekannt. „Wir brauchen davor, daß wir Deutsche sind, keine Angst zu haben.“ Aber was ist mit den Nachbarn? „Eine gemeinsame Geschichte gibt auch eine gemeinsame Verantwortung.“ Das wußte sogar unser Geschichtslehrer. Seltsam, daß Ulla Hahn ausdrücklich die Thesen ihres Vorredners lobte. Der nämlich, Richard Herzinger, hatte konstatiert, daß dem Publikum heute eine „Wiederholung der romantischen Definition von Volk und Nation“ vorgesetzt werde, an der es „nichts zu retten“ gebe. Herzinger kam zu dem Schluß: „Die deutschen Intellektuellen antworten auf die Herausforderung mit jämmerlichem Kleinmut, der sich in einer Haltung des Rückzugs manifestiert.“

Das trifft auch für Christa Wolf zu, wie der Heidelberger Literaturwissenschaftler Helmuth Kiesel beschrieb. In den USA hatte sich die einstige DDR-Vorzeigeliteratin immer wieder als Angehörige der „Holocaust-Nation“ identifiziert gesehen und überlegt, was es „Gutes“ an Deutschland gebe. Ihre Enkelin brachte sie auf die Idee: das Brot. Christa Wolf schrieb's nieder, und auch dem Professor gefiel die teigige Annäherung an die Nation. Aber ist Christa Wolfs nationalmeditatives Kauen auf deutschen Körnern vielleicht doch nur Kitsch? Zeugt es von der Prägung in einer sozialistischen Provinz ohne Fremde? Hätte Christa Wolf vernünftigerweise Nasi Goreng als Sinnbild eines weltoffenen Deutschland loben sollen?

Egal. Für die neue Rechte eröffnet der Blick in den Wolfschen Brotkasten jedenfalls neue Tätigkeitsfelder, wie Teilnehmer im Publikum weitsichtig bemerkten. Denn mit Zeitungen oder rechtslastigen Buchreihen sind zwar die Köpfe zu erreichen. Aber auch die Liebe zum deutschen Vaterland könnte durch den Magen gehen. Droht der deutschen (Brot-)Kultur also bald „Zitelmanns Großbäckerei“? Tröstlich, daß die wenigen Zutaten des nationalliberalen Teigkneters wahrscheinlich doch nur zu einem „Zitelmann-Zwieback“ reichen. Hans Monath