Libanons Multimillionär gibt auf

■ Ministerpräsident und Hoffnungsträger Rafik Hariri tritt nach Korruptionsvorwürfen zurück

Beirut/Berlin (AFP/taz) – Nach zwei Jahren im Amt hat Libanons Regierungschef genug. Entnervt erklärte Ministerpräsident Rafik Hariri dem libanesischen Präsidenten Elias Hrawi am späten Donnerstag abend seinen Rücktritt. Regierungskreise wußten zu berichten, der mehrfache Millionär habe seine Entscheidung während einer „turbulenten“ Sondersitzung des libanesischen Kabinetts gefällt. Obwohl Hrawi die Demission ablehnte, wiederholte Hariri gestern seine „definitive Entscheidung“. Damit der Libanon nicht von einem Tag auf den anderen ohne Regierungschef dastehe, wolle er noch fünf Tage seinen Amtsgeschäften nachgehen. Eine schriftliche Rücktrittserklärung werde folgen.

Hintergrund ist ein tiefes Zerwürfnis innerhalb des 29köpfigen Kabinetts. Die meisten Libanesen hatten sich von Hariri, der neben dem libanesischen auch einen saudiarabischen Paß besitzt, einen raschen Wiederaufbau des nach 15jährigem Bürgerkrieg verwüsteten Landes versprochen. Der aus der Hafenstadt Sidon stammende, sunnitische Geschäftsmann war 1992 mit dem Versprechen angetreten, den Libanon bis zum Jahr 2000 in ein „Wohlstandsland“ zu verwandeln und zum regionalen Finanz- und Kommerzzentrum auszubauen. Die dafür benötigten öffentlichen und privaten Investitionen in Milliardenhöhe flossen jedoch längst nicht so reichlich wie erwartet.

Hariri stieß immer wieder auf den Widerstand von mit Syrien liierten Ministern. In der Kabinettssitzung am Donnerstag hatte Hariri seinem Wohnungsbauminister Mahmud Abu Hamdan und anderen Gegnern vorgeworfen, sie sabotierten sämtliche Initiativen der Regierung. Der Nachbarstaat Syrien versteht sich als „Schutzmacht“ des Libanon. Die Präsenz syrischer Truppen und Geheimdienstler in dem Land und ihr Einwirken auf die libanesische Politik erinnert freilich stark an eine Besatzungsmacht.

Am Mittwoch waren im libanesischen Parlament zudem Korruptionsvorwürfe gegen Hariri laut geworden: Der Parlamentarier Najah Wakim behauptete, 30 Abgeordnete seien bestochen worden, um für ein Gesetz zur Schaffung des Immobilien- und Entwicklungsunternehmens „Solidere“ zu stimmen. Solidere soll größere Aufgaben beim Wiederaufbau der weitgehend zerstörten Innenstadt von Beirut übernehmen. Haupteigner des Unternehmens ist Rafik Hariri.