Gnadenkirche: „Die Mutanten“

Das könnte der Stoff für eine pädagogisch wertvolle Kindersendung sein – oder für das Laienstück einer Konfirmandengruppe: In der Zukunft, „vielhundert Jahr' von heut“, erkennen die Menschen, daß sie nichts hinterließen „als Giftmeer, Ödland, Müllberg“, und deshalb beschließen sie: „Zurück! In den Kreislauf der Natur!“ und erklären die Genmanipulation für tabu. Der bereits anmutierte Genmüll wird kurzerhand mit dem Altglas entsorgt. Doch „die Sterne standen gut; und da Natur das Leben will, hausten vier kleine Wesen in dem Altglascontainer“.

Mathias Werner hat aus diesem so menschenfreundlichen Zukunftsentwurf sein Oratorium Die Mutanten gemacht, gemeinsam mit seinem Futurologischen Kammerorchester in der Gnadenkirche aufgeführt. Rezitativ und Chor, begleitet vom recht jugendlichen Orchester, erzählen im Wechsel die Geschichte von den vier Mutanten, die in dem glasschluckenden Mikrokosmos leben.

Sie erleben die üblichen Sozialisationsprobleme, durchleben die üblichen Glaubens- und Sinnfragen, am Ende wird der Container geleert, drei von ihnen (einer war aus Forscherdrang bereits entwichen) in die wirkliche Welt geschleudert. Das Ganze ist eine Mischung aus Höhlengleichnis und ideellem Zukunftsmensch-Entwurf, natürlich wird auch ein Faust-Zitat bemüht. In weißen, astronautenähnlichen Kostümen entwickeln die vier SolistInnen laiendarstellerische Qualitäten und übermitteln engagiert die mit plattem Witz, Predigtsprüchen und Lebensweisheiten durchtränkten Dialoge oder singen ergreifende Arien. Mathias Werners Musik, eine triviale, immerhin melodienreiche Mischung aus Klassik, Pop und Jazz, klingt manchmal wie schlechter Lloyd-Webber, auch freundliche Dissonanzen sind erlaubt.

Doch der Abend scheint so gewollt: „Die besten Wahrheiten wirken beim Aussprechen leicht banal!“ Niels Grevsen