■ Press-Schlag
: Versöhnung bei Kerzenschein

Ein Streichholz, bitte! Wir zünden ein Lichtlein an, und schon wird uns ganz warm ums Herz. Das ist der Trend im Advent. Worte der Versöhnung werden nun allüberall gesprochen, ja sogar der Lothar Matthäus hatte – vielleicht aus Sorge um den Kontostand? – sein „Verzeih mir“ bis hinüber nach Gelsenkirchen zum Pfeifenmann Hellmuth Krug gezetert. Wenngleich der Münchner Mittelfeld-Libero nichtsdestotrotz von übergeordneter Instanz sanktioniert wurde.

Nun könnte solcherlei Starrsinn, wie ihn in diesem Beispiel der Deutsche Fußballbund als oberster Sittenwächter gegenüber dem Kapitän seiner Auswahlmannschaft gezeigt hat, leichthin als Antithese zur vorweihnachtlichen Gefühlsduselei interpretiert werden, wäre da nicht die wundersame Wandlung des Fußballers Christian Ziege, Arbeitgeber: Bayern München. Als trete er gegen einen Kartoffelsack, stiefelte der vormalige Nationalspieler seine Flanken quer und kreuz durch das Olympiastadion, bestraft von den zahlenden Zeugen mit einem Pfeifkonzert für mißlungene Paßversuche – und das waren hinreichend viele. Hernach hatten sie ihn trotzdem wieder lieb, und das, weil in der Pause Zieges Kollegen (Vorgesetzter inclusive) verbale Streicheleinheiten verteilten und, oh Freude!, der Gescholtene gleich zweimal die Plastikkugel ins Tor trat.

Ein schnellebiges Geschäft sei dies, befand Fußballprofi Ziege, und Kollege Anthony Yeboah wird ihm sekundieren. Der war unlängst noch ein gefeierter Fußathlet im Frankfurter Waldstadion, doch jetzt bekunden die Zuschauer auf Transparenten, bitter enttäuscht von ihm zu sein. Nur weil er schwächelt, mental und muskulär? Oder braut sich Konspiratives zusammen bei den permanent Revoltierenden vom Riederwald? Weil sie auf Anordnung ihres Übungsleiters nachsitzen mußten, wollten Yeboah (keine Lust), Jay-Jay Okocha (mental schlecht drauf) und Sensibelchen Maurizio Gaudino (zu schlapp) nicht mehr mitmachen und gingen lieber nach Hause statt zum Lokaltermin gegen den Hamburger SV ins Waldstadion. Fußballehrer Jupp Heynckes faßte das als Arbeitsverweigerung auf, eine weitere Zusammenarbeit erscheint fraglich. „Jeder ist zu ersetzen“, dräute der gestrenge Coach. Verkaufen könnte man das säumige Trio derzeit aber nur zum Sondertarif – kaum möglich bei der finanziell chronisch klammen Eintracht.

Am Main sollten sie deshalb ein Lichtlein anzünden – und Versöhnung feiern bei Kerzenschein. Doch warum nur, so rätseln wir, unternimmt Friedhelm Funkel nichts gegen das spaßfeindliche Ambiente in der Uerdinger Grotenburg? Gegen Freiburg verloren – na und? Ist das etwa ein Grund, die Kerzen aus- und die Weihnachtsfeier abzublasen? Markus Götting