„Gerechtigkeit“ für Bosniens Serben

Die Kontaktgruppe bietet Karadžić indirekt Konföderation mit Serbien an / Juppé und Hurd sollen in Belgrad die Chancen für einen sofortigen Waffenstillstand bei Bihać ausloten  ■ Aus Brüssel Alois Berger

Zum Abschluß ihres Treffens in Brüssel hat die Bosnien-Kontaktgruppe am Freitag abend noch einmal ausdrücklich ein Eingreifen der Nato in Bosnien ausgeschlossen – und einen neuen Verhandlungsversuch angekündigt. „Wir wollen Frieden erreichen“, so US- Außenminister Warren Christopher, „nicht Flächenbombardierungen.“ Trotzdem soll der bisherige Friedensplan, der den bosnischen Serben 49 und der Regierung in Sarajevo 51 Prozent des bosnischen Territoriums zugesteht, Basis der Verhandlungen bleiben.

Gleichzeitig dürften aber auch „Anpassungen“ und „konstitutionelle Vereinbarungen“ nicht ausgeschlossen werden, so der Beschluß, den die Kontaktgruppe letztendlich zustande brachte. Konkret stehen diese gewundenen Formulierungen dafür, daß die Kontaktgruppe einerseits auf die bosnische Regierung Druck machen will, damit diese für den Hauch einer Friedenschance die Geländegewinne der Serben anerkennt. Andererseits sollen die bosnischen Serben mit dem Versprechen der Konföderation angelockt werden. Der Zusammenschluß zu einem großserbischen Staat war von Beginn des Krieges an eines der wichtigsten serbischen Ziele. Dabei ist die serbische Föderation keineswegs Konsens in der Kontaktgruppe: Bundesaußenminister Klaus Kinkel sagte im Anschluß an das Brüsseler Treffen sogar, ein Zusammenschluß der serbischen und serbisch besetzten Gebiete in Ex-Jugoslawien sei zur Zeit „nicht denkbar“. Doch mit der Position, daß militärische Aggression nicht durch Anerkennung von Landgewinnen honoriert werden dürfe, stand die deutsche Vertretung in Brüssel ziemlich einsam da. US-Außenminister Christopher hielt sich auffallend zurück, und die Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und Rußlands stimmten überein, daß es an der Zeit sei, den Serben ein neues Angebot zu machen. Und vor allem der britische Außenminister Douglas Hurd und sein französisches Pendant Alain Juppé ließen keinen Zweifel daran aufkommen, daß es sich dabei um die Konföderation handeln werde.

Offensichtlich aufgrund dieser Meinungsunterschiede verzichtete die Kontaktgruppe darauf, Hurd und Juppé ein ausdrückliches Mandat für ihre für gestern nachmittag geplanten Gespräche in der serbischen Hauptstadt Belgrad zu geben. Kinkel wertete es derweil bereits als politischen Erfolg, daß „der Zusammenhalt der Kontaktgruppe gewahrt“ bleibe. „Wir haben klargestellt“, sagte der russische Außenminister Andrej Kosyrew sichtlich zufrieden, „daß alle Kriegsparteien gerecht behandelt werden.“ Die Serben hätten jetzt keine Ausrede mehr, den Friedensplan nicht anzunehmen.

Um keine neuen Hürden aufzubauen, hatte die russische Regierung noch am Freitag abend in New York eine Resolution zur Einstellung der Treibstofflieferungen Rest-Jugoslawiens an die bosnischen Serben im Sicherheitsrat scheitern lassen. Die Lieferungen sind zwar bereits durch mehrere UN-Resolutionen verboten; nach Ansicht islamischer und blockfreier Mitgliedsstaaten wird dies jedoch nicht ausreichend kontrolliert. Ohne Treibstofflieferungen wären die derzeitigen serbischen Militäraktionen nicht möglich.