Ick hör dir zwitschern

■ Fred Frith im KITO: Volks- und Vogelkundliches für E-Gitarre

In der Kammermusik gilt ein Streichquartett als die ideale Formation, im Jazz ist die Besetzung einer Gruppe mit vier Saiteninstrumenten eher eine Kuriosität. „Just Guitars“ waren tatsächlich „nichts als Gitarren“ und es kam sogar noch schlimmer. Denn in dem E-Gitarrenquartett, das im KITO spielte, hatte Fred Frith als Bandleader solch eine überwältigende Persönlichkeit, daß seine jungen Mitspieler Rene Lussier, Marc Howell und Nick Didkovsky wie seine eifrigen Meisterschüler klangen und wirkten. Frith spielte also fast vierstimmig mit sich selbst; sogar die Kompositionen seiner Mitspieler waren Frithmusik pur.

Aber was kam da nicht alles aus den Verstärkern heraus. Frith ist ein Soundtüftler, und oft schienen die Musiker ihre Instrumente eher zu bearbeiten als zu spielen. Mit dicken Malerpinseln wurden die Saiten bestrichen, Frith ließ Reiskörner auf sie fallen, die Kopfhörer von Walkmans über ihren Tonabnehmern pendeln oder rieb mit dem Finger am Klangkörper. Ein spannendes Panoptikum der Sounds wurde da vorgeführt, mit überraschenden Wendungen und Brüchen – in diesem Konzert war kein Ton vorhersehbar.

Neben seiner Vorliebe für freie Improvisationen und avantgardistische Experimente hat Fred Frith offensichtlich auch eine Schwäche für simple, „schöne“ Melodien, und so pendelte seine Musik ständig zwischen diesen Polen. In abstrakte Soundmuster brach da plötzlich eine süßliche Hawaiigitarre; eine irisch angetönte Tanzmusik wurde mit brachialen Rockrhythmen vermischt, und die Gitarren klangen plötzlich wie ein mittelalterlicher Kirchenchor.

Oft wirkte die Musik von Frith wie imaginierte Volksmusik: so inspirierte ihn das langweilige Gezwitscher von australischen Vögeln zu einer seiner Kompositionen. Ein anderer Song war nichts anderes als ein Streitgespräch der vier Musiker, die mit den verschiedensten Stimmen lachten, kreischten, schimpften, meckerten usw. – natürlich alles nur Gitarre.

Willy Taub