Jahresendzeit, Geschenkideen etc.
: Gern auch mal eine Schmeißfliege

■ Das wird hip: Fleischfressende Pflanzen! Georg Benda, Kassenprüfer der gleichnamigen Gesellschaft, informiert

Sie verschenken gerne Pflanzen? Befürchten aber – vielleicht nicht ganz zu Unrecht – in diesem Jahr mit Ihrem obligatorischen Weihnachtskaktus keinen Blumentopf mehr zu gewinnen? Dann sollten Sie als Alternative mal über fleischfressende Pflanzen nachdenken. Die sind auch grün, aber darüber hinaus lehrreich, spannend, nützlich – und völlig ungefährlich.bh

„,Wenn ich fleischfressende Pflanzen halte, kann ich dann meine Kinder noch ohne Leine rumlaufen lassen?‘ So was werde ich manchmal auf Pflanzenschauen gefragt; dann ärgere ich mich. Solche Fragen sind ganz einfach ein Beweis dafür, daß die Menschen der Natur entrückt sind. Ich hab' mit 15 angefangen, fleischfressende Pflanzen zu züchten. Ich hatte generelles Interesse an Botanik. Da ist mir irgendwann mal der Kap-Sonnentau unter die Finger gekommen, eine typische Anfängerpflanze. Der ist nicht anspruchsvoll, wächst auch mit wenig Licht, sogar bei Heizungsluft – andere machen da 'nen Abgang.

Der Sonnentau ist die spektakulärste einheimische Pflanze, wegen der roten Farbe. Damit ködert er Insekten, die auf Farbreize reagieren. Andere fleischfressende Pflanzen duften nach Honig. Einige ahmen Aasgerüche nach und locken Schmeißfliegen an. Die ganz großen Fallen wachsen nicht hier, sondern in Malaysia. Die verdauen auch schon mal eine Ratte. Daß je ein Mensch durch eine fleischfressende Pflanze zu Schaden gekommen ist, kann man ganz ausschließen.

Warum ich gerade diese Pflanzen züchte? Ich finde sie einfach schön. Die Schlauchpflanzen haben ganz außergewöhnliche Blüten. Außerdem sind fleischfressende Pflanzen praktisch. Ich hab' diesen Sommer keine einzige Mücke im Zimmer gehabt. Bevor die durch das gekippte Fenster durch sind, kleben sie am Sonnentau dran.

Seit den siebziger Jahren ist das Hobby bei uns populär, speziell bei jungen Leuten. Informationen tauschen wir in unserer Vereinszeitschrift Das Taublatt aus. Das ist das einzige deutschsprachige Fachblatt. Die Hälfte unserer 450 Vereinsmitglieder sind Anfänger, die haben vielleicht drei, vier Pflanzen. Ich bin einer der ganz, ganz wenigen mit vierzig Arten, die Hälfte davon wächst in Biotopen im Garten meiner Eltern.

Anfangs, für den Aufbau, war mein finanzieller Aufwand groß. Das geht in die Tausende. Fleischfressende Pflanzen sind an nährstoffarme Böden und hohe Luftfeuchtigkeit angepaßt, kommen also bei uns hauptsächlich in Mooren vor. Diese Bedingungen kann man am besten in Terrarien nachstellen. Das kostet. Das Zubehör ist sehr teuer. Wenn man aufwendige Pflanzen zieht, braucht man destilliertes Wasser und 'ne Sprühanlage, die feinen Nebel sprüht.

Im Winter investiere ich da sehr viel Zeit rein. Wegen der Heizungsluft muß ich die Pflanzen besprühen, Läuse entfernen. Wenn im Winter die Pflanzen mickern und man will oder kann sie nicht anders düngen, dann kann man einfach ein gaaanz kleines Stück Käse drauftun. Oder was vom Gehackten. Aber nicht zuviel, sonst modert's, dann fängt's an zu stinken.

Mit einer sadistischen Ader kann man sich vor den Sonnentau setzen und zugucken, wie sich eine Fliege auf den klebrigen Blättern langsam zu Tode strampelt. Das ist ein qualvoller Tod. Bei der berühmten Venusfliegenfalle geht's noch am schnellsten. Die schließt ihre Klappe ruckartig durch eine Druckerhöhung in bestimmten Zellen. Das Insekt erstickt und ertrinkt in den Verdauungssekreten. Wenn die Venusfliegenfalle gut drauf ist, funktioniert der Mechanismus jeder einzelnen Klappe fünf-, sechsmal. Die unverdaulichen Chitinpanzer der Insekten wäscht der Regen raus. Schlauchpflanzen saugen ihre Opfer durch Unterdruck an. In den Schläuchen leben die Viecher manchmal noch wochenlang. Einmal, als ich einen Blumentopf transportiert habe, waren die Schläuche noch voller Wespen. Im Auto ist der Topf umgekippt, die Wespen konnten raus und sind auf mich. Die waren sehr sauer.

Der Tod gehört einfach zur Natur. Allerdings spiel' ich ungern Schicksal: Höchstens zwei-, dreimal im Jahr setze ich was von Hand auf die Pflanzen. Das sind meistens Mücken, die mich die Nacht zuvor gepiesackt haben. Dann ist es eine Genugtuung: ,Jetzt wirst du ausgesaugt!‘“ Interview: Patrick Bierther

Interessenten wenden sich an: Gesellschaft für Fleischfressende Pflanzen im deutschsprachigen Raum, Georg Benda, Nonnenbuschstr. 51a, 45770 Marl