Treuhand soll 3,2 Millionen an PDS zurückgeben

■ Steuerstreit vor dem Ende / PDS hofft auf heutigen Erfolg vor dem Berliner Verwaltungsgericht / Unabhängige Parteienkommission schlägt Kompromiß vor

Berlin (taz) – Das kommt davon, wenn man seine Schulden nicht bezahlt. 674.000 Mark Säumniszuschlag soll die PDS zahlen, weil sie es „leider versäumt hat“, 67 Millionen Körperschaftssteuer zu bezahlen. Eine entsprechende Mahnung des Berliner Finanzamtes traf gestern früh beim Parteivorstand der PDS ein. Für einen frischrasierten Lothar Bisky ein sicheres Indiz dafür, daß es die Politiker mit der „Vernichtung der PDS“ ernst meinen und daß Elmar Pieroths Ankündigung, die Steuerschuld bis zur rechtlichen Klärung durch die Finanzgerichte nicht weiter einzutreiben, unglaubwürdig sei.

Dem Berliner Finanzsenator und seinem Bonner Kollegen Theo Waigel warf gestern Gregor Gysi vor, sie handelten verfassungswidrig. Gysi legte der Presse einen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 2.11. 1994 vor. In diesem wird zwar die Verfassungsbeschwerde der PDS gegen einen inzwischen aufgehobenen Steuerbescheid zurückgewiesen, das Verfassungsgericht war jedoch davon ausgegangen, daß die entsprechenden Mittel aus dem Altvermögen der PDS beglichen werden. Die „Chancengleichheit der Parteien“ sei, so schreiben die Verfassungsrichter, jedoch dann beeinträchtigt, wenn sie „die vollziehbare Steuerschuld aus ihrem neu erworbenen Parteivermögen zu begleichen hätten“. Da dies jetzt inzwischen geschehen sei, verstießen die Finanzbehörden, so Gysi, gegen Artikel 21 des Grundgesetzes. Mit dem BVG-Beschluß im Rücken hofft die PDS, sich heute vor dem Berliner Verwaltungsgericht durchsetzen zu können. In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren soll die Treuhand gezwungen werden, die Steuerschuld aus dem Altvermögen zu begleichen.

Unterdessen gab die hungerstreikende PDS-Spitze gestern Durchhalteparolen aus. Der Hungerstreik, so erklärte Bisky erneut, werde fortgesetzt, bis die PDS die gepfändeten 3,2 Millionen zurückerhalten habe und die weitere Vollstreckung der 67 Millionen aus dem Neuvermögen der Partei ausgesetzt sei. Für den kommenden Samstag rief die PDS ihre Anhänger zu einer neuerlichen Demonstration vor der Berliner Parteizentrale auf.

Dann könnte der Steuerstreit allerdings bereits beendet sein, denn die Unabhängige Parteienkommission unterbreitete der PDS gestern ein Kompromißangebot. Demnach soll die Treuhand der PDS die vom Finanzamt gepfändeten 3,2 Millionen Mark aus dem SED-Altvermögen zurückzahlen. Dafür müsse die PDS die Treuhand ermächtigen, eine Grundschuld auf das Karl-Liebknecht- Haus einzutragen. Diese Grundschuld soll erst dann gestrichen werden, wenn „rechtskräftig entschieden ist, daß diese Steuerschuld insgesamt dem Altvermögen zuzurechnen ist“.Die PDS kündigte an, diesen Vorschlag gründlich prüfen zu wollen.

Mit ihrem Kompromißangebot will die Unabhängige Parteienkommission, so ihr Vorsitzender Hans-Jürgen Papier, der PDS die Basis für ihre „spektakuläre Mitleidskampagne“ entziehen und die „gegenwärtige Blockierung beseitigen“, um den Blick wieder auf die eigentlichen Fragen richten zu können. So müsse geklärt werden, ob wirklich eine Steuerschuld für das Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR bestehe und wie hoch diese sei.

Einig sind sich die Unabhängige Parteienkommission und die PDS darin, daß nicht Finanzminister Theo Waigel das Vermögen der Parteien- und Massenorganisationen der DDR erhalten soll. Dem Einigungsvertrag entsprechend, soll das Geld an gemeinnützige Einrichtungen in den neuen Bundesländern gehen. Im Bundestag will die PDS daher einen Antrag einbringen, der die Bundesregierung auffordert, auf dieses Geld zu verzichten. Christoph Seils