Demonstrationen gegen EU-Gipfel verboten

■ Polizei fürchtet angebliche „Gewalt- und Störaktionen“ / Die Veranstalter des „Gegengipfels“ bezeichnen das „hysterische“ Verbot als „Beitrag zur Eskalation“

Essen (taz) – Der Essener Polizeipräsident hat in Absprache mit dem Düsseldorfer Innenminister Herbert Schnoor (SPD) die Demonstrationen gegen den am Wochenende in Essen stattfindenden EU-Gipfel verboten. Wegen von Autonomen bundesweit angekündigter angeblicher „Gewalt- und Störaktionen“ diene das Verbot „der Sicherheit aller Menschen in Essen“, schreibt Polizeipräsident Michael Dybowski. Genau das Gegenteil befürchten nun die von einem breiten linken Aktionsbündnis getragenen Veranstalter des Essener „Gegengipfels“. Thomas Binger, einer der Sprecher, sieht in dem Verbot einen „Beitrag zur Eskalation“. Von der Demonstrationsleitung seien im Vorfeld „verantwortungsvolle Vorbereitungen getroffen worden“, um einen „ruhigen Verlauf“ zu garantieren. „Wir wollen eine politische Demonstration ohne Angriffe auf Personen oder Objekte.“ Diese „Geschäftsgrundlage“ sei von allen Beteiligten in der Demonstrationsleitung, einschließlich der Autonomen, im „breiten Konsens“ zustande gekommen und entsprechend verbreitet worden.

Sollte das inzwischen angerufene Verwaltungsgericht die Verbotsverfügung bestätigen, dürfte es im vorweihnachtlichen Einkaufstrubel in der Essener City am Samstag zu chaotisch werden, denn „die Leute kommen bestimmt nach Essen“ (Veranstalter). Schon am Freitag abend findet in der Essener „Zeche Carl“ eine Auftaktveranstaltung mit Gregor Gysi, Jutta Ditfurth, Claudia Roth und Winfried Wolf statt.

Mit Blick auf die polizeiliche Verbotsbegründung sprechen die Veranstalter von „Realsatire“. So sei es „kompletter Unsinn“, den in Flugbättern verwendeten Begriff „Gipfelsturm“ militant zu deuten. Die Polizei verbreitet inzwischen einige „Bekennungen“ aus der autonomen Szene, in denen zum „Angriff“ auf den EU-Gipfel aufgerufen wird. „Erfahrungen aus anderen Veranstaltungen dieser Art zeigen, daß Gewalttäter bei Aufzügen vom Veranstalter selbst nicht mehr kontrollierbar sind“, so die Polizei. Die Demo-Leitung werten das als Stimmungsmache, denn mit dem Bündnis und der Demo hätten diese „Schreiben nichts zu tun“. Das wisse auch die Polizei, die in den letzten Tagen „unsere Gesprächsbereitschaft total ignoriert hat“.

Dem in Essen kursierenden Gerücht, das Verbot sei möglicherweise auf Druck der christliberalen Bonner Regierung erfolgt, wurde gestern vom Düsseldorfer Innenministerium heftig widersprochen. Die Entscheidung sei allein in NRW gefallen und werde von Innenminister Schnoor (SPD) „politisch verantwortet“, sagte ein Sprecher. Walter Jakobs