■ Soundcheck
: Ice-T und Public Enemy

Gehört: Ice-T und Public Enemy. Irgendwann sind auch die härtesten Kämpfer müde. Bei Public Enemy ist dieser Zeitunkt nicht mehr allzu fern. Die Aufforderungen ans Docks-Publikum, eine wenig „noise in the muthafuckin' house“ zu machen, waren Dienstag abend nicht bloßer Bestandteil eines x-beliebigen HipHop-Events, in diesem Falle von „Amerikkka's most wanted world tour 94“, sondern für Chuck D. und Flavor Flav Möglichkeit zur Selbst-Vergewisserung. Könnt Ihr uns hören? Reagiert Ihr noch auf uns?

Die Zweifel sind berechtigt. Nach zehn Jahren steht nicht nur „die größte Rap-Band aller Zeiten“, wie sie zuvor Ice-T genannt hatte, sondern eine ganze Musikrichtung vor der Frage: Wie soll es weitergehen? Vom anfänglichen Optimismus einer möglichen Einheit qua HipHop ist fast nichts mehr übrig geblieben. Die uralte Forderung „Stop the violence“ klingt wie Hohn angesichts der Tatsache, daß erst vergangene Woche 2Pac Shakur, der eigentlich hätte spielen sollen, angeschossen wurde. PE glauben selbst nicht mehr daran, etwas ändern zu können. Ihr aufklärerischer Ansatz klingt fast schon resignativ: „All that gangsta stuff isn't funny.“ Aber ist der Schulterschluß nicht auch wegen der teilweise schwulen- und frauenfeindlichen Statements verpaßt worden? Wer, wie Flav, auf das dümmliche „fuck you“ eines Zuschauers mit „are you gay?“ reagiert und damit Verachtung zum Ausdruck bringen will, muß sich fragen lassen, wie ernst er es mit „Peace and unity“ meint.

Ice-T ist da schon weiter: Bei ihm sind die Brüche nicht so groß – und damit die Enttäuschung –, weil sich der Auch-Schauspieler nie auf nur eine Rolle hat reduzieren lassen. Er ist der Showmaster aus der Gong Show, der „Original Gangster“ und der schamhaarbärtige Lude von nebenan. Vor allem aber: Er bestimmt, wer er ist und wann. Clemens Gerlach

Doppelbelichtung: JMS