■ Linsen Soufflé
: „Wie geht es mir?“ – John Travolta antwortet

Heute gelesen, morgen im Kino. Die Geschwindigkeit, mit der Hollywood originelle Romane adaptiert, nimmt ständig zu. So ist zum Beispiel Arturo Pérez-Revertes anspruchsvoller Schachkrimi (siehe taz vom 3.12.) längst abgedreht und startet bei uns am 5. Januar. Schauen wir mal, ob die Geschichte überlebt, oder ob sie, wie so oft, auf der Leinwand begraben wird. Wie man hört, hat sich Regisseur Jim McBride („The Big Easy“) ziemlich viel Mühe gegeben, um dicht am Roman zu bleiben. Die junge spanische Restauratorin Julia, die auf einem alten flämischen Tafelbild die versteckte Frage „Wer tötete den Ritter?“ entdeckt und damit einen Mörder in Bewegung setzt, wird von Kate Bekinsale gegeben. John Wood und Sinead Cusack sind ebenfalls mit von der Schachpartie. Der Originaltitel des Buches ist übrigens „La tabla de Flandes“, bei uns heißt es etwas reißerischer „Das Geheimnis der schwarzen Dame“, der amerikanische Filmtitel ist „Uncovered“, und der deutsche steht noch nicht fest. Dafür kennen wir aber schon den schönsten Filmtitel des Jahres 1995. Er lautet schlicht und ergreifend „I.Q.“! Die Hauptfigur ist Albert Einstein und das ganze eine Komödie. „Hatten wir schon mal“, sagen Sie? Stimmt! Aber Nicolas Roegs „Insignificane“ (Einstein meets Marilyn Monroe) war nicht halb so abgefahren wie Fred Schepisis Streich. Dafür sorgt kein Geringerer als Walter Matthau, der die Rolle des Gehirnakrobaten übernimmt. Der braucht seinen ganzen IQ, um seine Nichte (Meg Ryan) mit einem leicht vertrottelten Automechaniker (Tim Robbins) zu verkuppeln (Start: 6.4.). Überhaupt keinen Gehirnschmalz braucht dagegen John Travolta für sein nächstes Projekt. Der hat nämlich schon vor Jahren seine grauen Zellen alle an der Gardrobe der Scientology Church abgegeben. Scientology kennen Sie, oder? Das ist diese Sekte, wo man hingeht und fragt „Wie geht es mir?“, und die antworten „Gaaanz gaaanz schlecht, morgen wirst du sich umbringen.“ Einfältige Gemüter fragen dann: „Was soll ich machen?“ „Kein Problem“, sagen dann die Sektenheinis, die einen Trottel erkennen, wenn sie einen sehen, „gib uns dein ganzes Geld, und dann retten wir dich.“ „Prima“, freut sich der Trottel, der von nun an immer einer bleiben wird. Diesen völlig legalen Trick hat sich Ron L. Hubbard ausgedacht. Vorher hat der Mann versucht, mit Science-fiction-Romanen sein Geld zu verdienen, leider war er nur drittklassig, dann kam er auf den Dreh mit der Sekte, und der Rubel rollte. Tja und nun sind wir soweit, daß auch sein Schund versilbert wird – mit Hilfe von John Travolta. Für den sah es jahrelang ziemlich flau aus, doch jetzt – „Pulp Fiction“ sei Dank – schwimmt er wie ein dickes Fettauge wieder oben und macht sich gleich wieder zum Affen für seine Sekte. Er will unbedingt die Geschichte „Fear“, die sein Oberguru in den dreißiger Jahren schrieb, auf die Leinwand bringen. Darin geht es um einen Mann mit einer Gedächtnislücke, und wer glaubt, über Amnesie sei in Film und Fernsehen schon alles gezeigt worden, der wird überrascht: Die Gedächtnislücke wird nämlich von Travoltas Sektenkollegen Tom Cruise gespielt. Karl Wegmann