Den Palast der Republik abreißen

■ Bausenator Volker Hassemer im taz-Interview: Nach der Ernennung Klaus Töpfers zum Bauminister muß Berlin seine Ansprüche für neuralgische Punkte des Regierungsumzugs zum Teil neu formulieren und durchsetzen

Bundesbauminister Klaus Töpfer plant, sein Ministerium zum Umzugs-Headquarter auszubauen. Kompetenzen, die bisher beim Innenminister angesiedelt sind, soll ab 1995 ein Berlin-Beauftragter übernehmen, damit der Wechsel vom Rhein an die Spree straffer organisiert werden kann, sagte Töpfer zu Beginn dieser Woche in Bonn. Handlungsbedarf zwischen dem Berliner Senat und dem Bund gibt es beim Palast der Republik und dem Staatsratsgebäude. Für Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer bedeutet die personelle Veränderung im Bauministerium, daß die Stadt ihre Ansprüche über die neuralgischen Punkte in der Berliner Mitte und die Umzugsplanung zum Teil neu formulieren und durchsetzen muß.

taz: Klaus Töpfers Vorgängerin im Bundesbauministerium, Irmgard Schwaetzer, hat sich nie eindeutig für den Abriß des Palastes der Republik ausgesprochen. Wird es neuen Streit über das Haus mit dem jetzigen Bauminister geben?

Hassemer: Bei der Frage des Umgangs mit dem Palast der Republik und dem Staatsratsgebäude sollte man vor allem ehrlich sein und sich nicht vor Entscheidungen drücken. Ich habe bis zum heutigen Tag von den zuständigen Bauministern sowohl der Bundesregierung als auch des Berliner Senats keine Anhaltspunkte gehört, daß eine Asbestsanierung denkbar wäre ohne die vollständige Entkernung. Gegen einen Wiederaufbau vom Stahlgerüst her gibt es angesichts der stadträumlichen Problematik des Palastes keine sinnvolle Begründung.

Sie fordern von Klaus Töpfer also den Abriß des Palastes?

Man muß den politischen Mut haben, den Abriß zu entscheiden. Die augenblickliche Situation, das Gebäude zu haben und es in keiner Weise nutzen zu können, ist nicht zu vertreten.

Beim Staatsratsgebäude sind Sie weniger radikal. Frau Schwaetzer plädierte einst dafür, den Kopfbau abzureißen. Über welchen Weg werden Sie sich mit Minister Töpfer zu einigen suchen?

Wenn man sich rational mit dem Staatsratsgebäude befaßt, ist dem Vorschlag der beiden ersten Preisträger des Wettbewerbs zu folgen, das Haus zur Wiedergewinnung des Schloßplatzes und der Straßenöffnung zur Brüderstraße abzureißen. Doch im ersten Schritt für den Neubau ist der Abriß nicht erforderlich. Die bis 1998 zu bauenden Zweifünftel des Neubaus lassen sich im Raster des Niebuhr-Entwurfs auch im südlichen Teil des Areals nachweisen.

Werden Sie auf zeitliche Korrekturen bei der Umzugsplanung drängen?

Wesentlich bei der Umzugsplanung wird in den nächsten Wochen und Monaten sein, die Daten für den Baubeginn und die Fertigstellung der Gebäude mit den politischen Partnern des Bundes zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.

Der Takt bei der Umzugsterminierung hinkt aber deutlich.

Es gilt, konkrete Schritte zu entwickeln, was in der Zeit bis 1998 geschehen kann. Beispielsweise können die in Altbauten untergebrachten Ministerien schon im Verlauf der nächsten vier Jahre Zug um Zug fertiggestellt werden. Dies bedeutet die konsequente Folge der Ablehnung eines „Stichtagsumzugs“. Das wird dazu führen, daß immer mehr Regierungstätigkeit in Berlin stattfinden wird, ohne daß sie bereits vollständig in Bonn aufhört.

In Berlin mangelt es an einem hauptstädtischen Verkehrskonzept. Der Bund hat das der Stadt auch vorgehalten und eigene Vorschläge auf den Tisch gelegt. Ist der Tunnel unter dem Brandenburger Tor noch Verhandlungsgegenstand?

Mit Forderungen von Frau Schwaetzer, wie etwa der Untertunnelung des Brandenburger Tores, ist in der Vergangenheit viel unnötiger Streit in der Öffentlichkeit entfacht worden. Wer sich die Planungen ansieht, wird sehen, daß gerade in der Ost-West-Verbindung in Zukunft sehr viel mehr Fahrbahnen als bisher zur Verfügung stehen werden. Da muß man das Brandenburger Tor nicht untertunneln. Interview: Rolf Lautenschläger