Riesenlobby für SS-Tante

■ betr.: „Alles Opfer; oder was?“, taz vom 1.12.94

Heute bin ich fast ausgeklinkt: Artikel über die SS-Tante mit der Entschädigung. Ist doch eine Riesensauerei von der Bundesregierung und dem Kinkel. Man muß sich fragen, hätten Hitler oder Himmler auch eine Entschädigung bekommen?

Bei der schnellen Bearbeitung merkt man, was für eine Riesenlobby diese Leute in Deutschland haben. Die Doppelmoral dieser unserer Gesellschaft gegenüber der Vergangenheit ist zum Kotzen. Stefan Zahlbaum, Holzkirchen

Das Berichtete ist ähnlich skandalös wie die Tatsache, daß lettische SS-Leute vom deutschen Staat eine Rente beziehen, lettische Juden aber bis heute auf eine Entschädigung für ihre KZ-Aufenthalte warten.

In einem Punkt macht der Bericht allerdings stutzig. Als Vorstandsmitglied der „Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus“, die die ungerechtfertigte Entschädigung betrieben haben soll, wird auch Wolfgang Templin benannt. Templin wird vom Verfasser des Artikels als „Autor der rechtsradikalen Jungen Freiheit“ charakterisiert. Allseits bekannt ist, daß Templin einer der wichtigsten Vertreter der DDR-Opposition war und nach 1989 einige Zeit im Vorstand der Grünen gesessen hat. Wenn Andreas Schreier Templin auf einen „rechtsradikalen Autor“ reduzieren will, dann sät dies berechtigtes Mißtrauen, daß die anderen aufgeführten Fakten des Berichts über die KZ-Aufseherin Margot Pietzner ebenfalls zweifelhaft sind oder zumindest nur die halbe Wahrheit bieten. Jürgen Karwelat, Berlin