Sanssouci
: Vorschlag

■ "Ich wär so gerne Chauvinist" - Gabi Decker im Ratibor

Frau Dr. Hobstedter wäre nicht nur gerne einer – sie ist ein Chauvinist. Sie leitet ein Heim für schwer erziehbare Frauen, denen das moderne Leben übel mitgespielt hat. „Durch die Schwächung der Männerrolle haben sie keine natürliche Begrenzung mehr“, schnarrt Frau Doktor gesichtsmuskelzuckend. Die Hobstedter ist Hauptfigur des ersten Soloprogramms der Berliner Kabarettistin Gabi Decker, bekannt durch zwölf Folgen der Mike-Krüger- Show und seit neun Jahren feste Sketchpartnerin von Hans-Werner Olm. Auf einer großen Videoleinwand, hinter Schreibtisch und dicker Herrenbrille verschanzt, gewährt Frau Doktor Einblick in ihre Patientinnenkartei. Und da sind alle weiblichen Formen moralischer Entartung vertreten. Die Jüngste und Dümmste betreibt ein Nagelstudio und kann so „schau“ singen, die hypochondrische Alte ist von Kopf bis (Klump-)Fuß auf Krankheit eingestellt. Therapievorschlag der Frau Doktor: rasche Entsorgung. Die Sächsin, Frau Gertrud Kübe, sucht Kontakt zu einem Mann („aber nicht so 'nen Miesepeter, wo sich morgens der Kaffee nicht aus der Kanne traut“), während die brave Schwäbin („Eine dusselige Kuh, aber immerhin eine Kuh“) einen Mann im Hause hat, dem sie die Pantoffeln auf allen vieren bringen und die Klobrille vorwärmen kann. „Was er will, soll er habe'.“ Frau Doktors schlimmster Fall: Frau Ulrike Herrenhausen-Brackmann, die unter dem „postfeministischen Don-Juanita-Syndrom“ leidet. Symptome: „karriergeil“ und „sackgrabschend“. Schon in ihrer Kindheit habe sie Ken „das Dingsda“ abgebissen, statt mit den Barbiepuppen zu spielen. Heute, so berichtet die Patientin selbst, vergnügt sie sich am Arbeitsplätz, von „Knackärschen“ und „Flachwichsern“ umgeben, bei einem Fick im Stehen mit dem Texter: „Das war so gut wie eine Vollnarkose.“ Kein Wunder: „Der hat mehr Finger als Gehirnzellen.“

Gabi Decker zu ihrem Programm: „Ich spiele die Frauen so, wie 80 Prozent der Männer sie sehen.“ Gekonnt und rasant verwandelt sie sich in Hure, Heilige und Emanze, entlarvt alle weiblichen Klischees, die man(n) sich denken kann. Bis ihre herrliche Frau Doktor Hobstedter schließlich selbst der Leinwand entsteigt und singend, immer noch mit einem Stethoskop bewaffnet, einen Strip hinlegt. Anke Nolte

Nur noch bis 11.12., 20 Uhr, Ratibor Theater, Cuvrystraße 20, Kreuzberg. Gabi Deckers Solo gehört noch nicht zu dem winterlichen Bühnenfrauen-Programm, sie gastiert in diesem Rahmen im Februar aber wieder im Ratibor.