Alubestecke und Serviettenhalter gratis

■ Ab morgen können Trödler, Nostalgiker und ausgehungerte PDSler für wenig Geld Kaffeegeschirr, Gläser und Softeismaschinen aus dem Palazzo Prozzo kaufen

Kaum nehmen die Genossen der PDS wieder feste Nahrung zu sich, beginnt der Verkauf von Geschirr, das bestens geeignet wäre für ein Festbankett zu Ehren des erhungerten Steuersieges gegen den ehemaligen Klassenfeind. Gestern stellte die gemeinnützige GmbH Integra auf dem Industriegelände in Reinickendorf Bestände aus dem Palast der Republik (PdR) vor, die ab Samstag als Einzelstücke verscherbelt werden.

Der Geschirrverleih Integra hatte bei einer Versteigerung im September 150 Paletten voller PdR-Utensilien erstanden – eine DDR-Katze im Westsack, wie sich später herausstellte. Denn die 170.000 Einzelteile im Wert von etwa 90.000 Mark waren „wild durcheinander“ in Losen zusammengestellt, so Geschäftsführer Erich Nieswandt. Der Geschirrverleih mußte vom Korkenzieher über Lampen bis hin zu einer Softeismaschine alles mitkaufen, was den begehrten VEB-Produkten untergeschoben worden war. Deshalb wird nun etwa die Hälfte der ersteigerten Teile weiterverkauft. Die Verleihfirma behält nur Tausende von Bestecken und Gläsern.

Der Weiterverkauf sei ganz ohne Gewinn, versicherte der Geschäftsführer, der früher als Journalist beim SFB gearbeitet hat. Denn die gemeinnützige GmbH dürfe gar nicht dazuverdienen, da sie von der Körperschaftssteuer befreit sei. Sollte doch ein Überschuß erwirtschaftet werden, soll der Gewinn einer noch zu bestimmenden Kinderinitiative zugutekommen, die „ohne Staatsknete“ auskommt.

Gabeln ohne Messer, Töpfe ohne Deckel, Tassen ohne Untertassen – Liebhaber, die auf Perfektion aus sind, werden enttäuscht sein. Nostalgiker dagegen kommen auf ihre Kosten: Mit etwas Glück finden sie zwischen Anrichteplatten, Moccatassen und Salz- und Pfefferstreuern alte Rechnungsblöcke des Palazzo Prozzo, auf dem dieser noch mit der Anschrift Marx-Engels Platz, 102 Berlin versehen ist.

Den ausgehungerten PDS-Genossen sei die „Papier-Zusammentragmaschine“ empfohlen. Mit diesem Schnäppchen für schlappe 1000 Mark können sie ihre mit schwacher Hand geschriebenen Aufzeichnungen für ihr Kapitel „FFF“ (Fasten für's Finanzamt) sortieren, stapeln und abheften.

Aber auch noch mittellosere Nostalgiker als die vom Fiskus verfolgten Genossen werden bedacht: Alubestecke und Serviettenhalter gibt es gratis. Und Rabatt von zehn Prozent bekommt jeder, der mehr als zehn Einzelteile kauft. Barbara Bollwahn

10. bis 18.12. in der Flottenstraße 61, blaue Produktionshalle, Sa. und So. 10 bis 15, wochentags 10 bis 19 Uhr.