Weihnachtsmarkt mal im Warmen

Die Alternative im „Kato“ am Schlesischen Tor bietet eine breite Palette von Kunsthandwerk bis Kultur, von Musik bis zum Märchen / Etwa zweitausend Besucher kommen am Wochenende  ■ Von Anja Dilk

Lachend sitzt der dicke Buddha im Regal. In Grün, Lila und Gelb wölbt sich sein runder Bauch aus Wachs nach vorne. Die junge Frau mit den kurzen blonden Haaren dreht ihn hin und her. Wird er der heimischen Weihnachtsdeko die rechte Note geben, alles festlich erleuchten? Bumm, bumbumm, dröhnt es durch das weiß getünchte Gewölbe. Die junge Mutter rollt die Augen. Ihrem in eine violette Windjacke gemummelten Sprößling haben es die meterhohen Trommeln angetan. Die ältere Dame zur Rechten lächelt mit zugehaltenen Ohren und schlurft über den grauen Nadelfilz zum Stand mit goldenen Dinos, die zauberhaft verniedlicht mit roten Weihnachtsmannmützen aus dem Regal glotzen. Es riecht nach frisch aufgebrühtem Kaffee, Duftölen und Trockenblumengestecken.

Seit elf Jahren gibt es den Weihnachtsmarkt im Schlesischen Tor. Früher fand der Kunsthandwerksmarkt zweimal jährlich als Kulturrummel auf dem Mariannenplatz statt. Seit 1983 ziehen die Stände in der Weihnachtszeit in den Saal im U-Bahnhof Schlesisches Tor. In den Räumen des ehemaligen Kaufhauses am Tor („Kato“), das 1979 seine Pforten schließen mußte, drängeln sich vom 3. bis 23. Dezember VerkäuferInnen von Keramik, Kerzen, Klamotten oder Ledertaschen. Der Weihnachtsmarkt im Kato ist weit mehr als ein alternativer Müslimarkt. Da gibt es Neondeko, Edelschmuck und ausgefallene Mode ebenso wie Duftöle, Kräuterbäder und Trommeln.

„Wir wollen bewußt anders sein als andere Weihnachtsmärkte“, erzählt Irene, die schon seit 1985 dabei ist. „Der Markt soll ein Forum für junge Künstler vor allem aus Kreuzberg sein.“ Nur wer seine Sachen selbst hergestellt hat, darf auf dem Weihnachtsmarkt im Kato verkaufen. „Wir achten auf eine gute Mischung“, meint Karin, die einen Schmuckstand im Kato hat. „Also nicht zu viel Keramik oder Schmuck zum Beispiel. Neue Sachen und witzige Ideen kommen immer rein.“ Wie der Stand mit den enormen Keramiktassen, bemalt mit nackten Frauen oder Motiven à la Miro.

Für die Organisation sind die Verkäufer selbst zuständig. Die Kosten von der Miete bis zur Werbung werden aufgeteilt. Nicht mehr als vierhundert Mark muß jeder letztlich berappen. Schließlich soll der Weihnachtsmarkt im Kato eine nichtkommerzielle Alternative zu den großen Märkten am Breitscheidplatz, in Spandau oder am Alex sein. Während dort der Duft von gebrannten Mandeln und Spekulatius durch die Gänge wabert, rotgeschürzte Weihnachtsmänner mit weißem Rauschebart Luftballons verschenken und das immer währende „Stihille Nacht, heilige Nacht“ zwischen den Buden säuselt, gibt's im Kato eher moderne Rhythmen.

Doch ohne ein wenig weihnachtliches Ambiente geht es auch im Kato nicht. Da sind goldene Weihnachtsgirlanden, schaurig- kitschige Lichterketten, zeitgemäß patinagrün und gold besprühte Tannenzapfen, zierliche Glaskugeln vor blauer Tülldeko oder ein grüner Neonweihnachtsbaum auf heller Holzplatte.

An die zweitausend Besucher kommen am Wochenende zum Schlesischen Tor, schätzt Karin vom Schmuckstand. Die meisten sind aus dem Kiez, Stammpublikum. Manche reisen allerdings auch aus Spandau an. In der Woche sind es tagsüber meist junge Mütter, die mit ihrem Nachwuchs anrücken. Die Mittdreißigerin, die in den Duftölen kramt, kommt in der Woche öfters zum Kato: „Der Markt im Kato ist genau richtig, wenn man in Ruhe etwas originellere Geschenke aussuchen möchte, ohne sich die Zehen abzufrieren.“ Ihren kleinen Sohn gibt sie in der Kinderecke ab, nach dem Einkauf kann sie sich ermattet auf einen Stuhl im Café sinken lassen.

Am Nachmittag, wenn es dunkel wird, entführt der Clown Ulla die Kinder im Kato in märchenhafte Welten, erzählt ihnen, wie in anderen Ländern Weihnachten gefeiert wird. Kostenloses Kulturprogramm mal für die Kids, mal für die Großen gehört zum Weihnachtsmarkt am Kato dazu. Eine halbe Stunde lang, gegen Spätnachmittag gibt es Rock-Evergreens, orientalischen Tanz, Gospel und wilden, wilden Flamenco.

Der Weihnachtsmarkt am Kato findet Dienstag bis Sonntag, 12–20 Uhr statt.

Weitere Weihnachtsmärkte:

Rathaus Spandau, bis 25. 12., täglich 11–20 Uhr.

Bahnhofstraße Lichtenrade, 10.12. und 17. 12., 12–20 Uhr.

Domäne Dahlem, 10. 12. und 11. 12., 10–18 Uhr.

Marx-Engels-Platz, bis 22. 12., So.–Fr. 13–21 Uhr, Sa. 13–22 Uhr.

Platz der Vereinten Nationen, Friedrichshain, bis 18. 12., So.–Fr. 13–21 Uhr, Sa. 13–22 Uhr.

Winterfeldtplatz, Schöneberg, 18. 12., 11–19 Uhr.

Rathausvorplatz Wedding, bis 23. 12., Mo.–Sa. 10–20 Uhr, So. 12–20 Uhr.

Breite Straße, Jugendpark Pankow, bis 18. 12., täglich 13–20 Uhr.