Es geht ohne Kohlepfennig und Atomstrom

■ Aktionärs-Hauptversammlung der Rheinisch-Westfälischen Elekrizitätswerke

Essen (taz) – Daß der sogenannte Kohlepfennig nach Einschätzung der Richter von Karslruhe eine verfassungswidrige Sondersteuer ist, hat im Vorstand der Rheinisch-Westfälischen Elekrizitätswerke AG (RWE) zunächst für Irritation gesorgt. Auf der Hauptversammlung ging der scheidende Vorstandsvorsitzende Friedhelm Gieske in seinem Rechenschaftsbericht mit keinem Wort auf die Vorgabe der Verfassungsrichter ein, wonach der „Kohlepfennig“ nur noch bis Ende 1995 geduldet werden könne.

Es waren die Aktionäre, die in der Aussprache eine Stellungnahme forderten. Die Bundesregierung, antwortete Gieske, sei nun gefordert, bis zur „Abwicklung des Jahrhundertvertrages“ Ende 1995 eine neue Finanzierungsform für die heimische Steinkohle zu suchen. RWE und auch die anderen Energieversorgungsunternehmen seien auch in Zukunft bereit, die Steinkohle zu verstromen – aber nur „wenn sie uns zu Weltmarktpreisen angeboten wird“. Die Unternehmen, so Gieske weiter, hätten es immer als „ungerecht“ empfunden, daß alleine die Stromkunden mit dem „Kohlepfennig“ den Erhalt der deutschen Steinkohleindustrie zu finanzieren hatten.

Gieske forderte die Wiederaufnahme der abgebrochenen Energiekonsensgespräche – und zwar „mit allen gesellschaftlich relevanten Gruppen“. Vorschlägen aber, wonach in einer neuen Konsensrunde am Ende eine Mehrheitsentscheidung über die Zukunft der Energiewirtschaft in Deutschland entscheiden könnte, erteilte er eine klare Absage: „Wir brauchen einen breiten Konsens für zukünftige Milliardeninvestitionen.“

Gieske gibt das Heft an den „Klimakiller“ (Greenpeace) Dietmar Kuhnt ab, der bislang dem Unternehmensbereich Energie der RWE vorstand. Am Rande der Hauptversammlung wurde in Vorstandskreisen die Auffassung vertreten, daß man auch mit einer Absage an die „friedliche Nutzung der Atomenergie“ leben könnte. In diesem Fall werde man sich auf den Bau von Braun- und Steinkohlekraftwerken und auf Investitionen für regenerative Energien konzentrieren.

Tatsächlich hat der Stromgigant im abgelaufenen Geschäftsjahr nur 100 Millionen Mark zur Förderung regenerativer Energieträger und für Energiesparmaßnahmen aufgewendet. Offiziell ist der Abschied von der Kernenergie ein Tabu, auch wenn Gieske in seiner Abschiedsrede mit keinem Wort auf die Atomenergie einging. „Mit Nachdruck“ wies der Vorstandsvorsitzende, der in den Aufsichtsrat der RWE wechselt, dagegen „jede einseitige Belastung der Energieträger etwa mit einer CO2- Steuer“ zurück. Klaus-Peter Klingelschmitt