Des Finanzsenators große Raubtiernummer

■ Ortwin Runde hat keine Angst vor großen Tieren und katastrophalen Staatsfinanzen

“Die Uni hat bisher nur Unsinn gebracht. Da müssen jetzt pädagogische Maßnahmen her.“ Gut gelaunt zog gestern mittag Hamburgs Finanzsenator Ortwin Runde vor einer handverlesenen Schar Metropolenjournaille über Betroffene, CSU-Bundesfinanzminister Theo Waigel und die Kollegen im Hamburger Senat her.

Anlaß der launigen Runde bei Kaffee und Gebäck – „Bedienen Sie sich nur, ich schick Ihnen keine Rechnung!“ – ist die bevorstehende große Finanznummer in der Hamburger Bürgerschaft: Ab Montag werden die Hamburger VolksvertreterInnen drei Tage lang palavern und schlußendlich Ortwins Stadthaushalt 1995 durchwinken, eine immerhin satte 18 Milliarden Mark schwere Schatztruhe.

Der „Volkssport Sparen“, so verriet Runde gestern, kennt viele Disziplinen: „Ausbüxen und Wiedereinfangen gehört mit zum Spiel. Eine richtige Raubtiernummer. Und da darf ich keinem ein Zuckerl zuviel geben – sonst werden die anderen böse und zerfleischen am Ende noch gar den Dompteur.“ Allerdings, Bangemachen gilt nicht: „Einige bekommen schon richtig Spaß an der Sache.“

Ob Unichef Lüthje und Unisenator Hajen auch dazu gehören? Ortwin schwingt, augen- und mundwinkelzwinkernd, die Peitsche: „Uns zu erzählen, kurzfristig könne man nicht sparen und mittelfristig eigentlich auch nicht – das geht natürlich nicht. Arbeitsverweigerung wird selbst bei Yeboah bestraft.“

Ingesamt ist Runde mit seinem Sparzoo aber durchaus „ganz zufrieden“: „Wir haben eine Wende in der Finanzpolitik und der Steuerung des Stadthaushaltes eingeleitet, wie es sie sonst nicht gibt.“

Weniger gut zu sprechen ist der Hamburger Dompteur auf seinen Milliarden-Bändiger-Kollegen Theo Waigel in Bonn. Mit dessen Steuerreformplänen könne er sich gar nicht anfreunden. Waigels Schachzug, die verfassungsrichterlich angeordnete Freistellung des Existenzminimums zum großen Teil von den BezieherInnen mittlerer Einkommen, vor allem aber auch von den Ländern und Kommunen bezahlen zu lassen, veranlaßte Ortwin Runde zu der tiefschürfenden Metapher: „Wir sind von dieser Frage zutiefst berührt. Wer da einen Fehler macht, kommt in die Wurst.“ 270 Millionen Mark jährlich würde der Spaß allein Hamburg kosten – die Zustimmung im Bundesrat wird Hamburg nicht erteilen. Runde: „Das wird nur im Konsens klappen. Wir haben jetzt eine intensive Phase gesellschaftspolitischer Diskussionen vor uns.“

Runde plädiert für größere Freibeträge (13.000 statt Waigels 12.000 Mark) und eine höhere Belastung der Reichen. Ärger drohe auch in Sachen Gewerbesteuer. Sollte, wie von Waigel gefordert, die Gewerbekapitalsteuer ohne Ausgleich fallen, täte sich gar ein weiteres 270-Millionen-Mark-Loch im Hamburger Stadtsäckel auf. Auch dies werden Runde und seine SPD-Länderkollegen im Bundesrat verhindern.

Rundes Gegenvorschlag: Die Gewerbekapitalsteuer dürfe zwar fallen, müsse aber durch eine Ausweitung des Kreises der Gewerbe-steuerzahler voll kompensiert werden. Im Visier hat Runde dabei die Freiberufler. Doch bei diesem Vorschlag verging dem Kaffeekränzchen gestern urplötzlich das Lachen: Ein Teil der Journaille arbeitet nämlich, gut dotiert, auf Honorarbasis. Florian Marten