Unternehmen verstrahlte Zukunft

Die Deutsche Bahn, das Unternehmen mit Zukunft und hohen Preisen, gibt sich seit einigen Wochen volksnah, ja gar minderheitenfreundlich. Zwischen Flensburg und Passau, von Bonn bis in das ferne Frankfurt an der Oder ließ die Bahn AG Plakatwände mit weißem Papier bekleben. „Bitte nur auf diese Fläche sprühen“, bat die Bahn und warb mit der „Aktion freundlicher Bahnhof“ für sich selbst als witziges und tolerantes Unternehmen.

Graffitti-KünstlerInnen sollten sich mit ihren Sprühflaschen auf den Papierwänden kurzfristig verewigen. „Das war eigentlich nur für die gedacht“, sagt der Bereichsleiter der Bahn in Bremen. In verschiedenen Städten nutzte die minoritäre Zielgruppe das Angebot und gestaltete das zugig-freudlose Bahnhofs-Ambiente schön bunt.

Nicht so in Bremen. Berüchtigt für politisches Engagement, entfremdeten einige Anti-AKW-AktivistInnen die Kunstflächen. Mit Pinsel und Farbe, verkündeten sie am Mittwoch ihre Botschaft. „Stoppt Castor – keine Atomtransporte mit der Bahn“ malten sie auf die aufgestellte Plakatwand auf Gleis 1. Außerdem forderten sie die „sofortige Stillegung aller Atomanlagen“ auf einer zweiten Wand des „Unternehmens verstrahlte Zukunft“.

Das ging über die Political-Correctness-Schwelle der Bahn in Bremen hinaus. Deswegen war „hier so ein Trupp unterwegs“, wie sich ein Bahnhofsmitarbeiter erinnert, und klebte flugs eine völlig unbefleckte Werbefläche über das Politikum. „Es soll ordentlich aussehen“, wünscht sich der Bereichsleiter, der sich im übrigen gar nicht vorstellen kann, wer für das Überkleben verantwortlich ist. Macht nichts, seit gestern mittag fünf vor zwölf, haben die Reisenden wieder etwas zum Nachdenken: „Es bleibt dabei: Keine Atomtransporte mit der Bahn!“. fok / Foto: Kleiner