„Sparauflagen werden nicht erwirtschaftet“

■ Interview mit Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) zur Uni-Situation

taz: Die FU, die TU und die Humboldt-Uni sollen im kommenden Jahr 137 Millionen und 1996 158 Millionen Mark einsparen. So sieht es der Doppelhaushalt vor, der vom Parlament gestern verabschiedet worden ist. Das sind mehr Einsparungen als der Hochschulstrukturplan vorsieht – der soll den Uni-Etat bis zum Jahr 2003 um 130 Millionen Mark reduzieren. Bis zum 31. März 1995 sollen Sie dem Hauptausschuß eine Liste mit Einsparvorschlägen vorlegen. Schaffen Sie das?

Manfred Erhardt: So schlimm, wie Sie es formuliert haben, kommt es nicht. Es gibt eine Absprache sowohl mit Finanzsenator Pieroth als auch mit den Koalitionsfraktionen, daß wir nicht den Betrag von 137 Millionen und 158 Millionen Mark in den beiden kommenden Jahren zu erwirtschaften haben. Wir sind verpflichtet, in diesem Rahmen Strukturentscheidungen zu treffen, die bis ins Jahr 2003 den Betrag von 158 Millionen Mark ergeben.

Wenn die pauschalen Minderausgaben erst bis zum Jahr 2003 erbracht werden sollen, braucht denn dann 1995 und 1996 tatsächlich kein Pfennig gespart zu werden?

Der Finanzsenator weiß, daß es nicht darum geht, den Betrag in einer bestimmten Größenordnung schon im kommenden Jahr zu erwirtschaften. Ihm kommt es darauf an, jetzt die Strukturentscheidungen zu fällen. Bis zu 90 Millionen Mark sollen dabei auf die Hochschulmedizin entfallen.

Ist der Doppelhaushalt nur Makulatur, oder müssen die Millionenbeträge woanders eingespart werden, wenn es bei den Unis nicht möglich ist?

Die 158-Millionen-Mark-Sparauflage wird nicht erwirtschaftet werden. Das Parlament wird darauf insistieren, daß entsprechende Entscheidungen in dieser Größenordnung getroffen werden. Wenn ich heute einen Studiengang einstelle, bedeutet dies keine sofortige Kosteneinsparung. Schließlich hat jeder Student die Garantie, an dem Ort, an dem er begonnen hat, zu Ende zu studieren.

Wie sollen die strukturellen Einsparungen aussehen?

Ich werde in der Koalitionsrunde meine Vorschläge mündlich vortragen und auf Konsens abklopfen.

Geht es dabei nur um Streichung von Studiengängen, die an mehreren Unis gleichzeitig angeboten werden, und um Personalabbau?

Es fallen nicht nur Personalausgaben weg, sondern auch Betriebskosten, Bibliotheksmittel und Investitionen.

Der Hochschulstrukturplan hat zur Folge, daß von 115.000 ausfinanzierten Studienplätzen bis zum Jahr 2003 15.000 wegfallen. Da werden aber nur 135 Millionen Mark gespart. Werden die pauschalen Minderausgaben zu Folge haben, daß weitere 15.000 oder mehr Studienplätze gestrichen werden?

Diesmal haben wir nicht die Vorgabe, eine bestimmte Zahl Studienplätze abzubauen.

Aber Sie können auch nicht sparen, ohne daß ein Studienplatz verlorengeht?

Nein, ich kann aber nicht sagen, wie viele es sein werden. Das hängt von dem konkreten Bereich ab, in dem wir sparen. Die Koalition will im Grundsatz nicht weit weg von den 100.000 vorgesehenen Studienplätzen. Wir könnten uns beim Sparen zum Beispiel besonders kostenintensive Studiengänge vornehmen.

Welche Studiengänge sind besonders teuer?

Die Medizin, die Natur- und Ingenieurwissenschaften. Billige Studiengänge sind die Geistes-, Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften.

Wie viele Millionen sparen Sie, wenn ein teurer Studiengang gestrichen wird?

Das geht von dreieinhalb bis 30 Millionen Mark. Wenn wir die ganz teuren wählen, würden zwei oder drei Studiengänge genügen, um die pauschalen Minderausgaben aufzulösen. Interview: Dirk Wildt