Wenn die UNO geht, kommen die GIs

■ Clinton bietet mindestens 10.000 amerikanische Soldaten für eine Evakuierung der Blauhelme aus Bosnien an / Claes für klare Entscheidungsstrukturen / Erstmals wieder Hilfskonvois in Bihac eingetroffen

Washington/Zagreb/Berlin (AP/dpa/wps/taz) – Die Sorge um den Erhalt der Nato macht es möglich: In einer weiteren Wende seiner Politik hat US-Präsident Bill Clinton offiziell die Teilnahme von mindestens 10.000 amerikanischen Soldaten im Falle einer Evakuierung von UN-Schutztruppen aus Bosnien-Herzegowina (Unprofor) angeboten. Bislang hatte Clinton den Einsatz von US-Bodentruppen ausgeschlossen, solange es kein Friedensabkommen gibt.

Die Anweisung Clintons sieht vor, daß die Vereinigten Staaten etwa die Hälfte der für eine Evakuierung für notwendig erachteten Soldaten stellen. Ihre Zahl wird in Nato-Kreisen mit 50.000 angegeben. Begründet wird der Sinneswandel Clintons mit der Notwenigkeit, Solidarität mit den Verbündeten zu üben, die an dem Unprofor- Einsatz beteiligt sind. „Unsere Belange bestehen darin, die Allianz (die Nato, d.Red.) zu erhalten“, erläuterte ein hoher Beamter des Pentagon. In Brüssel wurde die Ankündigung der USA denn auch als Demonstration der Solidarität gewürdigt.

In Washington geht man davon aus, daß eine Nato-Operation aller Wahrscheinlichkeit nach von einem US-General befehligt wird. Nato-Generalsekretär Willy Claes sagte gestern in einem Interview, ein Einsatz von Nato-Truppen müsse unter dem alleinigen Kommando der Allianz erfolgen. Er verwies auf die derzeitigen doppelten Kommandostrukturen von Nato und UNO beim Einsatz von Kampfflugzeugen in Bosnien.

Bislang ist es allerdings noch fraglich, ob es überhaupt zu einem Truppeneinsatz kommt, denn der UN-Sicherheitsrat hat noch nicht über einen Abzug der Blauhelme entschieden. Außerdem haben sich mehrere an der Operation beteiligten Staaten dafür ausgesprochen, ihre UN-Kontingente vor Ort zu belassen, selbst wenn Franzosen und Briten abziehen. US- Regierungsbeamte erklärten gestern, sie hofften, daß es nicht zu einem Abzug der Friedenstruppen aus Bosnien kommen werde und betonten, daß es im Falle einer Evakuierung keine weitergehenden militärischen Ziele gebe.

Das allerdings sieht Robert Dole, Führer der Republikaner- Mehrheit im Senat, anders: „Wenn Unprofor draußen ist, können wir das tun, was wird schon längst hätten tun sollen, nämlich das Waffenembargo aufheben, einige Luftangriffe fliegen und Druck auf die Serben ausüben“, sagte Dole. Regierungsmitarbeiter haben bereits angekündigt, daß ein eventueller Einsatz von US-Soldaten vorab mit dem Kongreß abgestimmt werden soll. Dort haben die Republikaner ebenfalls die Mehrheit.

Unterdessen ist gestern erstmals seit über zwei Monaten wieder ein Hilfskonvoi der UNO in der umkämpften bosnischen Stadt Bihać eingetroffen. In Bihać und Umgebung leben 180.000 Menschen. Zuvor war ein Konvoi mit Lebensmittel für die dort stationnierten UN-Blauhelme aus Bangladesch in die Stadt gelangt. Die Kovois für die UN-Schutzzone waren von den Serben in der benachbarten Krajina blockiert worden. bs