Very very sweet music from Radio Africa

■ “Roots Nights“ feierte mit Lokua Kanza ihr 50. Konzert in der Kesselhalle des Schlachthofs / vorläufig die letzte Nacht der fremden Klänge aus der weiten Welt

Etwas wehmütig war diese Jubiläumsfeier schon, denn der Organisator der „Roots Nights“ Jürgen Schmitz bedankte sich vor dem Konzert von der Bühne herunter nicht nur bei dem Publikum dafür, daß es ihm fünf Jahre und 50 Konzerte lang treu geblieben ist, sondern er kündigte auch an, daß dies eine der vorläufig letzten Nächte mit fremden Klängen aus der weiten Welt bleiben würde.

So war die Atmosphäre in der Kesselhalle des Schlachthofs ein wenig gedrückt als Lokua Kanza aus Zaire auf die Bühne kam, aber vielleicht ist dies ja die ideale Grundstimmung für seine Auftritte, den seine ganz einfachen und auf das Wesentliche reduzierten Lieder wirken ungemein tröstlich. Während fast alle hier bekannten Musiker aus Afrika mit immer größeren Bands und immer komplizierteren Stilmixturen aufwarten, geht Kanza in die andere Richtung. Er tritt nur mit seiner Gitarre und zwei Begleitmusikern auf: der Sängerin Julia Sarr und seinem Bruder Didi Ekukuan, der ebenfalls singt und manchmal auf einer kleinen Handtrommel den Rhythmus betont. Kanzas Lieder sind poetische Miniaturen – schöne, warmherzige Balladen, die immer in einer feinen Ballance gehalten wurden, so daß sie nie umkippten und zu süß, zu simpel oder zu naiv wirkten. Selbst wenn er in einem Song von jedem verstanden werden wollte und jeweils ein paar Worte in seiner Heimatsprache, in Französich und Englisch sang, wirkte dies nicht aufgesetzt oder anbiedernt.

Mit seiner in heimatlichen Kirchenchören sanft geschmirgelten, und in der Pariser Musikszene mit weichen Jazznuancen vollgetränkten Stimme verführte Kanza das Publikum gleich vom ersten Song. Seine Musik ist nicht spektakulär, und deswegen wird er wohl auch weiterin ein Geheimtip unter den Liebhabern der afrikanischen Musik bleiben, aber er kann mit minimalen Mitteln in einem Konzertsaal eine ganz eigene, friedvolle Stimmung schaffen.

Und jeder Song war anders – auch wenn die Grundstimmung dieselbe blieb hatte man nie das Gefühl, daß Kanza nur ein Register beherrschte. Die Harmonien, in denen die drei Stimmen sich trafen, waren jedesmal wieder neu und überraschend, und manchmal spielte Kanza einige schnelle, jazzige Läufe auf der Gitarre, die schon gar nicht mehr so minimalistisch klangen.

Sein Credo erklärte er dann in einem selbstironischen Vortrag über die verschiedenen Tanzstile, die in Kinshasa en vogue sind: die jungen Leute tanzen dort nach furchtbar schneller Musik (und für einige Takte zeigte Kanza dem Publikum, daß er auch so spielen kann), aber die etwas Ältern haben es gerne ruhig, weich, und fließend. Und so spielte er dann auch eine sinnliche risch, elegante Tanzmusik, bei der man sich faul räkeln oder einfach nur wohlfühlen konnte.

Willy Taub