Brassai-Ausstellung

■ betr.: „Keinen blassen Schimmer“, taz vom 27. 10. 94

Dem Artikel über den Fotografen Brassai entnehmen wir: „...und nicht eine einzige Arbeit des großen Pariser Straßenfotografen, die dort zu sehen ist, entspricht dem, was man unter Fachleuten für ein Original halten darf.“ Diese Behauptung ist falsch. Aus den dreißiger Jahren sind nachweisbar zwölf Fotoarbeiten der „Transmutations“-Serie und „Metro Rome“ als „Originale“ (Vintage Prints) ausgestellt.

Seine Beobachtungen hat der Autor offensichtlich mehr im Katalog als vor den Fotos gemacht. Dort fand er tatsächlich einen „unerklärlichen“ weißen Punkt, und dort steht übrigens – wie auch in der Presseinformation – ganz deutlich, daß ein Großteil der Fotografien moderne Abzüge von den Originalnegativen sind.

Die Vorwürfe des Autors, die Brassai-Ausstellung sei eine „Täuschung“, und „ein Deal mit den Erben“ mache „eine falsche Sache nicht echt“, basieren auf einer erschreckenden Unkenntnis von Brassais Fotografie und dem, was ein Vintage Print ist. Große Teile der in den Zeitschriften Labyrinthe, Minotaure von Brassai publizierten Fotografien, aber auch des Fotobands „Paris de nuit“, gibt es nur noch als Negative im Archiv von Gilberte Brassai, der Witwe des Künstlers. Aus den in verschiedenen Museen befindlichen Vintage Prints, die zum großen Teil aus den fünfziger und sechziger Jahren stammen, ließe sich nur eine fragmentarische Ausstellung zusammenstellen – vorausgesetzt, man erhielte alle diese Fotografien.

Der sorgfältigen Zusammenarbeit der Fundació Antoni Tàpies, Barcelona, mit der Witwe von Brassai ist es zu verdanken, daß man einige Werkgruppen wie „Paris de nuit“, „Paris de jour“, „Surrealisme“, „Graffiti“, „Plaisirs“ sowie Künstler- und Schriftstellerportraits wieder erstmals rekonstruieren kann. Diese Abteilungen sind in der Ausstellung deutlich durch veröffentlichte Texte von Brassai gekennzeichnet. Die in dem Artikel bemängelten vergrößerten Fotokopien sind übrigens aus den kommentierten, persönlichen Zeitschriften Brassais entnommen.

Was dem Autor offensichtlich unbekannt war, ist die Tatsache, daß Brassai die meisten seiner Fotografien auf die Druckqualität der Zeitschrift hin entwickelte, nicht aber auf ein imaginäres „Original“ hin. Es gibt wohl einige Kontaktabzüge, aber wenige vorzeigbare Vintage Prints. Brassai ist eben nicht Man Ray oder Moholy-Nagy, sondern ein Bildjournalist. Während der dreißiger Jahre hatte er nur eine einzige Ausstellung (Paris de nuit)! Manuel Borja-Villel, Fundació

Antoni Tàpies, Barcelona;

Margit Zuckriegel, Rupertinum,

Salzburger Landessammlungen;

Veit Loers, Museum

Fridericianum Kassel