„Geht nicht – gibt's nicht !“

■ Die Deutsche Bahn startet eine Service-Offensive am Bahnhof: Info-Riesen und Service-Point sollen den Reisenden Orientierung bieten

Eigentlich fehlt nur noch der Weiße Riese, dann wäre die Familie komplett: Seit gestern bewacht eine Gruppe bunter Riesen den Bremer Hauptbahnhof: Der „rote Fahrplan-Riese“ steht neben dem „gelben Service-Riesen“, dem „grünen Forum-Riesen“ und dem „blauen Info-Riesen“. Die 3,50 Meter hohen Aluminium-Figuren sind neben einem neuen Info-Schalter in der Haupthalle, dem „Service-Point“, Ausdruck einer Service-Offensive der Bahn. In Abkehr von der Beamtenhaltung am Fahrkartenschalter heißt es ab jetzt „Wie sind für Sie da“.

Denn die Deutsche Bahn AG hat ihre KundInnen entdeckt. Bundesweit verkauft die Bahn nach eigenen Angaben jährlich etwa 1,4 Milliarden Fahrkarten, drei Viertel davon im Nahverkehr. Doch der Absatz stagniert und das ehemalige Staatsunternehmen muß sich nach der Decke strecken. Unzufrieden sind die KundInnen der Bahn vor allem mit dem Service. Um den Zügen und Bahnhöfen das Schmuddel-Image zu nehmen, stellen die Eisenbahner „Sicherheit, Sauberkeit, Service“ in den Vordergrund. In diesem Jahr rollten bereits drei Wellen von Aufräumaktionen, Reinigung und Instandsetzung über die Bahnhöfe, jetzt folgt das Service-Angebot. „Bahnfahren muß für den Reisenden leichter, sympathischer und vor allem bequemer werden – schon vor Antritt der Reise im Bahnhof“, verspricht Gerd Friedrich, der im eigens gegründeten Geschäftsbereich Personenbahnhöfe der Bahn den Titel „Bahnhofsmanager Bremen Hauptbahnhof“ führt.

Herzstück dieses Konzepts ist der neudeutsch „Service-Point“ genannte Auskunftstresen in der Mitte der Bahnhofshalle. Hier sollen rund um die Uhr freundliche Bahnmenschen den Reisenden mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wann fährt der nächste Zug nach Hannover? Wo finde ich in Bremen ein Hotel? Kann ich hier über die halbe Stunde Verspätung meckern, die mich den Anschluß kostet? Darf ich hier mal eben meinen Hund abgeben? „Kurz“, meint die Bahn, „der Service-Point empfiehlt sich in jeder Hinsicht als Anlaufstelle für Reisende.“ Allerdings nicht ganz: Für Tickets oder Informationen über komplizierte Rundreisen bitte weiterhin an den Schaltern im „Reiseszentrum“ anstellen.

Bei der Frage, was der Kunde denn am Service-Point erfahren könne, das er nicht schon der Anzeigetafel entnehme, herrschte zuerst leichte Irritation: „Sie können aber schwere Fragen stellen!“ Schließlich hieß es aber doch: Anlaufstelle für Kurierdienste, die Funktion als Fundbüro oder bei der Hinterlegung von Autoschlüsseln oder Geschäftsbriefen. Die Gummibärchen am Tresen waren leider nur zur Eröffnung ausgelegt.

Die Riesen-Familie in der Bahnhofshalle und auf dem ICE-Gleis (bis 1997 sollen auch die Gleise 7 bis 10 so schmuck werden, hieß es gestern) bietet dagegen Informatioenen auf Stelltafeln: Abfahrt und Ankunft, ein Stadtplan von Bremen oder Veranstaltungshinweise für alle Menschen, die am Bahnhof ankommen und nicht wissen, wie sie in Bremen die Zeit totschlagen sollen. Insgesamt 10 Millionen Mark hat die Bahn investiert, um zuerst auf 28 Bahnhöfen im Bundesgebiet diese Hinweise aufzustellen, 60 weitere Bahnhöfe sollen folgen. „Wir haben 10 neue Arbeitsplätze in Bremen geschaffen“, meinte gestern Gerd Friedrich. Seine MitarbeiterInnen gingen „motiviert“ an die neue Aufgabe, meint der Bahnhofsmanager, „die Bahnhöfe setzen trotz aller notwendiger Automation wieder stärker auf den Menschen.“ Und als wäre das nicht revolutionär genug, heißt die neue Philosophie der Bahn auch noch: „Geht nicht – gibt's nicht!“. bpo