Sanssouci
: Vorschlag

■ Aserbaidschanische Literaten in der LiteraturWERKstatt

Wo Hölderlin niemals hinkam und von wo Prometheus, den Zeus an einen Felsen gekettet hatte, so schnell nicht mehr wegkam, dorthin hat es in diesem Spätsommer den Berliner LiteraturWERKstattsleiter Thomas Wohlfahrt verschlagen. Trotz aller „regionaler Konflikte“ hat er unverdrossen Gebirge und Städte durchstreift und kam zurück nach Pankow mit einer Menge Namen, Büchern und Manuskripten. Und natürlich wurde eine Lesereihe daraus, Literaten des Kaukasus. Im November ging es um Georgien, in dieser Woche ist Aserbaidschan dran. Aserbaidschan? Das Land wurde Anfang des 18. Jahrhunderts zwischen Persien und Rußland aufgeteilt. Der ganze Süden mit der Hauptstadt Täbris gehört heute zum Iran. In Stichworten: entwickelte Industrie und archaische Bergregionen, Religion islamisch. Hauptstadt Baku, liegt am Kaspischen Meer, bedeutender Hafen, Erdöl. Die drei Autoren und eine Autorin, die zur Zeit in Pankow zu Gast sind, kommen aus der jetzt schon wieder ehemaligen Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik in Transkaukasien. Einer der Autoren, Akram Ailisli, stammt aus der in Armenien gelegenen Exklave Nachitschewan. Aserbaidschanisch (Azeri) ist mit dem Türkischen verwandt und seit dem 14. Jahrhundert eine Literatursprache.

Auf deutsch kann man von den AutorInnen, die in Berlin lesen, zur Zeit nur ein Buch kaufen: Anars „Der sechste Stock eines fünfstöckigen Hauses“. Die Handlung spielt in Baku, Anfang der sechziger Jahre. Der Held, Zaur, ist ein rundum mittelmäßiger Geologe, dem vom Vater alle Wege geebnet werden. Er liebt Tehmine, eine moderne junge Frau, die sich seinetwegen auch von ihrem Mann trennt. Dann aber will er sie nicht mehr, er zweifelt an ihrer Treue. Diese überraschend triviale Geschichte erzählt Anar ganz lakonisch, mit ironischer Distanz. Außer ihm liest heute abend (natürlich mit Übersetzung) auch der Lyriker Vaghif Sämädoglu, morgen kommen Afaq Mäsud (Kurzgeschichten) und Akram Ailisli (Kindheitserinnerungen). Christiane Seiler

Heute und morgen, 20 Uhr, LiteraturWERKstatt, Majakowskiring 46–48, Pankow.

Ich aber will dem Kaukasos zu! / Denn sagen hört ich

Noch heut in den Lüften: / Frei sei'n wie Schwalben die Dichter.