■ Das Portrait
: Ruth Witteler-Koch

Schon wieder ein blau-gelbes Gesicht aus Nordrhein-Westfalen, das niemand kennt. Personenkarussell total. Nach dem neuen FDP-Landesvorsitzenden Joachim Schultz-Tornau — Bekanntheitsgrad in NRW ein Prozent — soll nun die wohl noch auf minderem Popularitätslevel schwebende 47jährige Landtagsabgeordnete Ruth Witteler-Koch aus Mönchengladbach der Bundespartei als Stellvertreterin von Klaus Kinkel neues Leben einhauchen. Daß der FDP-Bundesparteitag die frühere Korrespondentin neben Kinkel plazierte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

In Düsseldorf gab Witteler-Koch immer dann vernehmlich Laut, wenn es darum ging, die Institutionalisierung der Frauenquote madig zu machen. Ihr Credo: „Frauenförderung kann man nicht von oben nach unten befehlen.“ Auf dem Weg zur Gleichberechtigung sei deshalb die Quote eher hinderlich. Dabei half ihr selbst die Quote schon. Sogar gleich zweifach.

Nach dem Ausscheiden von Irmgard Schwaetzer war Witteler-Koch als Repräsentantin des größten FDP-Landesverbandes zur Wahrung des regionalen und geschlechtsspezifischen Proporzes die ideale Kandidatin. Ohne diese informelle „Doppelquotierung“ hätte sie den rheinland-pfälzischen FDP- Landesvorsitzenden Rainer Brüderle wohl kaum so deutlich mit 355:246 aus dem Feld geschlagen.

Schwaetzers Nachfolgerin Foto: AP

Doch es ist gleichermaßen auch ein ganz persönlicher Erfolg. Daß sie sich an der Seite von Kinkel durchsetzt, trauen ihr viele in der Partei zu. Sie gilt als „sehr unabhängige, keinem Lager zugehörige Frau“. Als Kinkel seinerzeit von den Parteigewaltigen als Quereinsteiger zum Nachfolger von Lambsdorff vorgeschlagen wurde, zählte sie zu denjenigen im NRW- Landesvorstand, die lautstark Protest anmeldeten: „Den kann man doch nicht zum Parteichef machen.“

Zum Kinkel-Kritiker Jürgen W. Möllemann wahrte sie gleichwohl Abstand. Als der jüngst erneut zum Landesvorsitz strebte, fuhr sie ihm auf offener Bühne in die Parade. Courage und Unabhängigkeit attestieren der mit einem Rechtsanwalt verheirateten Mutter zweier Kinder nicht nur ihrer politischen Freunde. Die erwarten von ihr jetzt, daß sie die an der FDP-Basis grassierenden Sehnsüchte nach liberalem Profil an Kinkels Seite zur Geltung bringt. Ein Parteiinsider faßte das gestern so zusammen: „Diese Ergänzung muß sie bringen, denn dem Kinkel geht das doch völlig ab.“ Walter Jakobs