Dzembritzki: Der kleinste gemeinsame SPD-Nenner

■ Sozialpädagoge wurde mit großer Mehrheit neuer Berliner SPD-Chef

Berlin (taz) – Die Berliner SPD hat ihren Schleudersitz wieder besetzt. Mit 233 von 276 Stimmen wurde am Montag abend auf einem Sonderparteitag Detlef Dzembritzki zum neuen SPD- Chef gewählt. Auf seinen Widerpart Daniel Buchholz (26) von den Jungsozialisten entfielen 32 Stimmen. Mit dem 51jährigen Dzembritzki leistet sich der streitsüchtige Landesverband den siebten Parteichef seit 1981. Sein Vorgänger Ditmar Staffelt hatte im Oktober als Landes- und Fraktionschef die Segel gestrichen, nachdem sein Vertrauensbonus gänzlich aufgezehrt war.

Dem neuen Mann an der Spitze des 24.500 Mitglieder starken Landesverbandes stehen harte Monate bevor. Denn in die Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Oktober 1995 marschiert die SPD mit einer Troika. Neben dem bereits ins Amt gehievten Dzembritzki und dem neuen Fraktionschef Klaus Böger steht noch die Kür eines Spitzenkandidaten aus. Am 5. Februar muß sich die Basis in einer Urwahl zwischen dem früheren Regierenden Bürgermeister Walter Momper und der Sozialsenatorin Ingrid Stahmer entscheiden. Dabei fällt dem gelernten Sozialpädagogen Dzembritzki die Rolle eines Mittlers zu, insbesondere gegenüber der Fraktion. Diese hatte sich wiederholt über Parteitagsbeschlüsse hinweggesetzt und damit den Unmut der Basis provoziert.

Dzembritzki, derzeit im Bezirk Reinickendorf Bürgermeister und ein eher farbloser Mann, gilt als der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die widerstreitenden Flügel einigen konnten. Integration steht bei ihm an erster Stelle, wie er am Montag abend in einer rhetorisch dürftigen Rede deutlich machte. An der von Stahmer und Momper geforderte Absage an die PDS ließ er keinen Zweifel. Die SPD würde ihre Ideale und ihre Verläßlichkeit aufs Spiel setzen, wenn sie sich in „irgendeine Abhängigkeit“ begebe, meinte der neue SPD-Chef.

Mit welchen der beiden Spitzenkandidaten er selbst in die Wahl 1995 ziehen würde, läßt er geflissentlich offen. Bekannt ist aber, daß ihn mit Stahmer eine enge Freundschaft verbindet. Beide lernten sich Anfang der siebziger Jahre in der Sozialverwaltung kennen, als Dzembritzki dort als persönlicher Referent des Staatssekretärs arbeitete. Severin Weiland