Rechte Schlagseite einer Ministerin

Jugendministerin Claudia Nolte unterstützte als Abgeordnete Jugendkalender mit rechtsradikalen Inhalten / „Unglaublich“, protestiert sogar der Katholische Jugendverband  ■ Von Annette Rogalla

Berlin (taz) – Kaum ein Fettnäpfchen, das Claudia Nolte ausläßt. Als die Quotenministerin für das Fach Jugend im vergangenen Jahr noch einfache CDU-Hinterbänklerin war, schrieb sie unbekümmert freundliche Briefe an den stramm rechten G.-Stiff-Verlag aus Münster. Claudia Nolte beglückwünschte ihn zum Jugendkalender „Komm-Mit“ 1994. „Mir imponiert die Art und Weise, wie Sie jungen Menschen christlich- katholisches Gedankengut nahebringen.“

Offen wirbt der „Komm-Mit“- Kalender für ein Deutschland in den Grenzen des Dritten Reichs. Unter der Deutschlandkarte von 1937 heißt es: „Ostdeutschland (Schlesien, Pommern, Ostpreußen) gehört völkerrechtlich nach wie vor zu Deutschland, unabhängig davon, ob die offizielle Politik sich daran orientiert.“ Diese Gebiete werden als „polnisch“ oder „russisch besetzt“ bezeichnet.

Bekannt wurde Noltes Brief gestern durch das ARD-„Morgenmagazin“ – just an dem Tag, als die Jugendministerin die Europäische Jugendkampagne des Europarates gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intolerenz eröffnete. Irrig und unzutreffend sei es, der Ministerin zu unterstellen, sie unterstütze den rechtsradikalen Kalender, ließ ihre Pressereferentin sogleich verlauten. Die freundlichen Worte habe Claudia Nolte lediglich gefunden, weil ihr bekannt war, daß der Kalender in vielen Pfarrgemeinden an Ministranten und Ministrantinnen verteilt werde.

Der damaligen Einfachabgeordneten Nolte scheint entgangen zu sein, daß das Bischöfliche Generalvikariat in Trier und auch andere Bischöfe seit langem vor dem braunen Kalender warnen. „Politisch ist der Kalender gefährlich, weil er rechtsextreme Botschaften vermittelt, die für uns nicht akzeptabel sind“, heißt es in einer Stellungnahme aus Trier. Zur Vertiefung revanchistischer Gedanken empfiehlt „Komm-Mit“ rechtsextreme Zeitschriften, etwa Nation und Europa, Junge Freiheit oder Wir selbst. Einige der Publikationen stehen auf den Listen des Verfassungsschutzes.

Derzeit läßt Nolte vom Innenministerium prüfen, ob der Jugendkalender verfassungsfeindlich ist. Jedoch, man möge verstehen: „Als Ministerin wäre ihr so etwas wie der Brief nicht passiert“, versucht sich Pressesprecherin Brigitta Worringen in Schadensbegrenzung. Schließlich stünden „einer Abgeordneten nicht so viele Prüfinstanzen wie einer Ministerin zur Verfügung“.

Nolte aber wußte damals sehr genau, für wen sie schrieb. Im Kalender vermerken die Herausgeber stolz ein „freundliches Echo auf unseren Lebensrechte-Appell“.

Eine Mitstreiterin macht sich Gedanken, wie man die Medien auf Linie bringt. „Vielleicht würde es auch helfen, wenn eine große Zahl von Bürgern die öffentlichen Medien an ihre Verantwortung für eine umfassende Information der Bevölkerung erinnern würden.“ Sie rät zu TV-Lebensschützerwerbung ähnlich derer zum Schutz für Robben. Autorin: Claudia Nolte. „Unglaublich“, nennt Karin Kortmann vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend das rechte Engagement der Ministerin. Der Dachverband der Jungkatholiken fordert Claudia Nolte auf, sich von ihren Äußerungen zu distanzieren.